Live aus der Nachtschicht

Das Organisieren von Veranstaltungen in Zeiten der Pandemie ist eine ziemliche Challenge. Was, wenn sich die Massnahmen verschärfen, immer weniger Menschen zugelassen sind oder schlussendlich nicht einmal ein Publikum erlaubt ist?

Um unser Projektthema NACHTSCHICHT und die Ausstellung zu bereichern, haben wir ein Rahmenprogramm auf die Beine gestellt. Vom 12. bis am 16. Mai 2021 haben diverse Veranstaltungen stattgefunden: Ein Konzert, zwei Talk-Formate und sogar ein online Selbstverteidigungskurs. Da wir auf Nummer sicher gehen wollten, haben wir alle Veranstaltungen ebenfalls virtuell als Livestreams auf unserer Webseite angeboten, damit jede*r von überall daran teilnehmen konnte.

Alle Veranstaltungen können auf unserer Webseite oder dem YouTube-Kanal der NACHTSCHICHT nachgeschaut werden. Hier zwei Beispiele:

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Zudem hat die liebe Jana die Veranstaltung und auch die Arbeit während des Livestreams für uns in Bildern festgehalten. Hier einige Impressionen:

(ash)

Ein Veranstaltungsprogramm organisieren

Wir haben gemeinsam verschiedene Themen für Gespräche und weitere Veranstaltungen notiert und haben Menschen angeschrieben, die diese im Rahmen der NACHTSCHICHT präsentieren könnten. Zu dieser Zeit wussten wir nicht, ob ein Publikum überhaupt möglich sein würde. Deshalb haben wir die Events so geplant, dass man im Falle eines Lockdowns auch virtuell mit daran teilnehmen kann.

Es freut uns immer noch, dass wir den Musiker Mirome für ein Livestream-Konzert gewinnen konnten. Technisch der anspruchsvollste Event, weshalb wir dafür bereits eine Hauptprobe mit allen Geräten im Vorhinein durchgeführt haben. Eine interessante Ergänzung war der online SelbstverteidigungskursTake Back The Night von Livia Boscardin. Er wurde exklusiv mit Interessierten, die sich über unsere Website angemeldet haben, durchgeführt.

Nach der Zusage für die Gespräche hat Lukrezia zusammen mit dem Museumspädagogen Flurin Camenisch und der Astrologin Regina Casanova einen Gesprächsleitfaden und thematische Schwerpunkte erarbeitet. Sie hat eine Hintergrundrecherche zu den Personen gemacht, um diese besser kennenzulernen und zu wissen, wer sie im Gespräch erwarten kann. Die Gespräche haben wir voraufgezeichnet, da wir zum Zeitpunkt der Planung nicht wussten, ob überhaupt ein Publikum erlaubt sein würde und da es die Planung auch für die Interviewpartner angenehmer machte.

Die Aufzeichnungen und Streams planen 

Mit der Idee des Namens NACHTSCHICHT 21 entstand auch der Gedanke, die Veranstaltungen jeden Abend an der Ausstellung, jeweils um 21:21 Uhr für 21 Minuten durchzuführen. Dazu diesem Zeitpunkt noch immer strenge Vorschriften des BAG eingehalten werden mussten, entschieden wir uns dazu, die Events physisch im privaten Rahmen durchzuführen und online über unsere Webseite und den YouTube-Kanal für alle zugänglich zu machen.

Bereits im Vorfeld haben sich Jan und Elea für ein anderes Projekt mit Livestreams beschäftigt und konnten diesen Anlass gleich als Übung bzw. echter Umsetzung des angeeigneten Wissens nutzen. Denn wie man einen Livestream tatsächlich durchführt (nicht nur in der eigenen Wohnung), durften wir alle in dieser Woche herausfinden.

Vor der Kamera stehen

Natürlich vor einer Kamera zu wirken ist schwierig, wenn man in eine Kameralinse anstatt in die Augen eines Menschen schaut. Dementsprechend haben wir die Begrüssungsrede etwa 20x neu aufgenommen und die aufgezeichneten Gespräche sind beide One-Takes. Zugegeben, die Gespräche habe ich [Lukrezia] sehr gut vorbereitet, da es mir wichtig war, mein Gegenüber gut zu präsentieren, aber auch flexibel auf ihre Antworten einzugehen.

Die Begrüssung habe ich kurz vorher fertig geschrieben. Ich versuchte also etwas auswendig aufzusagen, dass ich eigentlich genau so gut frei von der Leber weg erzählen hätte können. Wer weiss denn mehr zum Projekt, als wir, die es organisiert haben? Die spontane, herzlichere Begrüssung konnten Lisa Parisa und ich dann an der Vernissage vor den Anwesenden Menschen zum Besten geben.

Technische Umsetzung an den Drehtagen

Gefilmt haben wir schlussendlich an zwei Tagen, die Gespräche mit Flurin Camenisch und Regina Casanova haben wir am Dienstag vor Beginn der Ausstellung aufgezeichnet. Beim Dreh verwendeten wir aber das gleiche Setup wie für einen Livestream, damit wir uns die Handhabung verinnerlichen konnten. Das Konzert von Mirome am Mittwochabend streamten wir live.

Gefilmt haben wir mit zwei Kameras: Auf dem Stativ montierten wir eine Sony Alpha 7 iii und als mobile Kamera verwendeten wir die Sony FS5. Damit wir zwischen den beiden Kameras hin und her schalten konnten, verwendeten wir den Blackmagic ATEM Mini. Das Signal gaben wir an das Programm OBS weiter, mit welchem sowohl den Stream auf YouTube sowie die Aufzeichnung auf den Laptop realisierten. Mit Hilfe eines Plugins konnten wir den Stream von YouTube auch gleich auf unserer Webseite (www.nachtschicht21.ch) ausgeben. Zudem konnten wir mithilfe von OBS auch die Bauchbinden-Animationen einblenden.

Für Miromes Konzert benötigten wir zudem das Audiointerface Yamaha AG 06, damit einerseits der Ton über Aktivmonitore für die Anwesenden zu hören war und andererseits die bestmögliche Tonqualität dem Stream eingefügt werden konnte.

Bei jedem Event filmte eine weitere Sony Alpha 7 iii im Hintergrund auf dem Stativ mit. Diese zeichnete als Backup intern auf die SD auf, für den Fall, dass etwas mit der Stream-Technik nicht funktionieren würde. So hätten wir trotzdem alles publizieren können, halt einfach nicht so abwechslungsreich und spannend – mussten wir zum Glück aber nicht.

Streams sind dankbar in der Post Production

Grossen Bearbeitungsaufwand hatten wir nicht. Bei den zwei Voraufzeichnungen nutzten wir die Möglichkeit, einige Zwischenschnitte der Backupkamera einzufügen. Weiter fügten wir am Ende den Abspann der NACHTSCHICHT ein, welchen wir auch schon beim Sprayervideo verwendet haben, damit alle Videos einheitlich daherkommen.

Herausforderungen und Learnings

Für uns war es der erste Livestream-Event, den wir selbstständig und überhaupt durchführten. Zu Beginn hatten wir keine Ahnung, welches Equipment und welche Software man dafür braucht und wie man diese richtig einsetzt. Wir merkten schnell, dass die ganze Geschichte nicht nur ein Plug-and-Play System war. Hinsichtlich der Technik können wir folgende drei Bereiche unterscheiden:

Die Hardware: Zuerst mussten wir herausfinden, welche Kameras sich für unser Projekt eigneten und welche weniger. Wir entschieden uns für eine mobile Kamera mit SDI-Anschluss, um so sicherstellen zu können, dass das Kabel nicht ungewollt herausgezogen werden könnte. Wir entschieden uns für die Sony FS5, da diese mit dem einstellbaren Griff sehr angenehm zu tragen ist. Dann jedoch hatten entstand ein weiteres Problem: Am Blackmagic Mischer gibt es kein SDI-Input. Dafür benötigten wir den Blackmagic SDI zu HDMI Converter. Bei der zweiten Kamera, der Sony Alpha 7 iii, fiel uns auf, dass diese gar keine normale HDMI-Buchse hat. Damit wir diese Kamera verwenden konnten, mussten wir zuerst ein Micro-HDMI auf HDMI Adapter kaufen.

Die Software: Zum Teil hatten wir zu wenig Vorbereitungszeit eingeplant. Einmal hatten wir das Problem, dass wir kein Kamerabild in OBS erhielten. Später fanden wir raus, dass die Kamera ein 4K Signal per HDMI ausgab, der Blackmagic Atem Mini aber nur HD erwartete. Am zweiten Tag stimmten dann eigentlich die Einstellungen, trotzdem bekamen wir in OBS kein Signal von den Kameras. Wir hatten keine Ahnung, wieso das Setup plötzlich nicht mehr funktionierte, fanden dann aber durch Googeln raus, dass der Blackmagic ATEM Mini manchmal Probleme bereitet, wenn beim Einschalten des Geräts bereits mehrere HDMI Signale auf den Inputs angeschlossen sind.

Welches Videoformat gestreamt werden kann, hängt vom Datenspeed für den Upload der Internetverbindung ab. Wir waren uns dessen nicht von Anfang an beim Planen bewusst. Zuerst mussten wir also prüfen, wie schnell unser Hotspot im Ausstellungsraum ist. Danach schauten wir auf der Google Supportseite nach, welche Bitrate sie zu welcher Auflösung Empfehlen. Bei 1080p empfehlen sie den Video-Bitrate-Bereich von 2Mbit/s bis 6Mbit/s. Die Einstellung der Videoqualität und der Bitrate für den Stream muss dann schliesslich noch in OBS angegeben werden.

Zum Teil hatten wir zu wenig Vorbereitungszeit eingeplant. Einmal hatten wir das Problem, dass wir kein Kamerabild in OBS erhielten. Später fanden wir raus, dass die Kamera ein 4K Signal per HDMI ausgab, der Blackmagic Atem Mini aber nur HD erwartete.

Am Anfang des Konzerts hatten wir mit der Kamera und der Position im Raum bisschen Probleme. Einerseits wollten wir die Zuschauer vor Ort nicht ablenken und deren Sicht nicht einschränken, andererseits wollten wir aber ein möglichst spannendes Bild für den Stream bieten.

Ein weiteres Problem stellte die Kommunikation zwischen der Regie und dem Kameramann dar. Einerseits hatte die Regie keine Preview der Kamera, wusste also nicht, ob die Cadrage gut war. Andererseits wusste der Kameramann nicht, wann genau sein Bild live war und wann er genau eine neue Bildkomposition einstellen kann. Wir versuchten über unser Telefon und Kopfhörer zu kommunizieren. Die Regie sagte, wann die bewegte Kamera live ist und wann nicht. Jedoch musste im Raum so leise gesprochen werden, dass die Mikrophone die Anweisungen nicht aufzeichneten, sodass der Kameraoperator oft nichts verstand. Dieser konnte sich auch nicht ausdrücken, da er noch näher an den Mikrofonen dran war. Beim Konzert konnte zwar die Regie lauter sprechen, jedoch war auch die Musik laut auf den Kopfhörern.

Fazit

All in all ist ein Endprodukt entstanden, das sich gut sehen lässt. Wir hatten einige Herausforderungen und Schwierigkeiten, aus denen wir viel lernen können und für ein nächstes Mal einiges an Knowledge mitnehmen können. Schlussendlich stand bei diesem Livestream-Projekt im Fokus, dass wir unsere Veranstaltungen auch virtuell (wenn möglich in guter Qualität) verfügbar machen können – und das haben wir wohl mehr als erreicht. :