a(LIVE) – an Exploration of «Neighborhood» through Sound

Vielleicht habt ihr es schon mitbekommen.
Die Stadt Bern plant den Bau eines kompletten Quartiers auf dem Vierer- und Mittelfeld zwischen Länggasse und Tiefenau. Wo heute nur Wiesen und Felder zu finden sind, sollen 3’000 Menschen in über 1’000 Wohnungen ein neues Zuhause finden.

Dabei sollen 50 Prozent der Fläche für den sozialen Wohnungsbau genutzt werden, um mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Zudem soll der Grossteil des Geländes grün bleiben und als Park und Gemeinschaftsgarten dienen. Der Beginn der Bauarbeiten war für 2024 geplant. Die finalen Abstimmungen zu den Investor:innen finden am 18. Juni statt. Daher ist der Zeitpunkt des Beginns der Realisierung des Masterplans noch unbekannt.

Weitere Informationen:
https://www.bern.ch/themen/planen-und-bauen/stadtentwicklung/stadtentwicklungsprojekte/viererfeld

Idee und Konzept

Hier gehts zum ausgestalteten Konzept:

https://issuu.com/rahelegger/docs/a_live_concept

Die Idee des Vierer- und Mittelfeldes erschien uns vor allem mit Blick auf die Zukunft interessant. Nicht zwingend nur in Bezug auf das konkrete Projekt, sondern generell in Bezug auf das Thema «Urban Development». 

Einerseits sehen und spüren wir das Problem der Wohnungsknappheit auf allen Seiten und unterstützen die Idee des bezahlbaren, nachhaltigen und grünen Wohnens. Aufgrund der Auswirkungen des Klimawandels und der zunehmenden Verlagerung der Bevölkerung in die Städte wird die gezielte Stadtplanung im grossen Rahmen auch in der Schweiz vermutlich immer stärker zur Notwendigkeit.

Andererseits erscheint es uns doch ziemlich surreal, dass ein ganzes Stadtviertel nach einem Plan gebaut und besiedelt werden soll (im Gegensatz zum normalen, organischen Prozess der Besiedlung). Kann das funktionieren? Oder wird es zu einer Geisterstadt?

Sound-Projektionen

Die Vorstellung, dass auf diesen unberührten weiten Feldern bald 3’000 Menschen ihre Zähne putzen, Abendessen kochen, spazieren gehen, Blumen pflanzen, sich verlieben, ihre Nachbarn anschreien oder einfach ihre Einkäufe erledigen, inspirierte uns. Wir wollten eine Idee dieses zukünftigen Lebens mittels Klang auf das Grundstück projizieren.

Für die Sound-Collage haben wir uns für den Fokus auf vier verschiedene zukünftige Funktionsbereiche des Masterplans entschieden:

  • Wohnen/Habitation
  • Gemeinschafts-Garten
  • Spiel- & Sport (Fussballfeld)
  • Allmend

Aufbau der Soundscape

Layer 1 – Ambiance

Die erste Ebene besteht aus simplen Ambiance Sounds, die sich mehr oder weniger an realistischen Geräuschen von vergleichbaren Begegnungsräumen orientieren. Alle verwendeten Ton-Aufnahmen wurden im Alltag mit dem Zoom H6 aufgezeichnet.

Layer 2 – Voices & Thoughts

Das Leben eines Quartiers entsteht natürlich durch seine Bewohner:innen.
Aus diesem Grund waren sie für uns ebenfalls nicht aus dem Projekt wegzudenken.
Wir haben Freund:innen und Theater-Student:innen der HKB gebeten, uns einen kleinen persönlichen Text zum Thema «Nachbarschaft» zu schreiben und einzusprechen.

Alle gesammelten Klänge haben wir zu einer Soundscape zusammen-gebastelt und sie über Aufnahmen des jetzigen Vierer-& Mittelfelds gelegt. Am besten mit Kopfhörern eintauchen…

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(stm)

Ideensuche

Wir wollten von Beginn weg mit Sound arbeiten. Der genaue Gegenstand der Auseinandersetzung blieb aber lange unklar. Klang-Kunst kennt viele Formen: Eine Installation? Performance? Täuschung des Hörsinns?… An Ideen mangelte es uns nicht, nur die Entscheidung fiel uns schwer. Wir mussten uns immer wieder unsere zeitlichen Kapazitäten vor Augen führen, wenn wir zu stark ins Träumen gerieten. Nach einer längeren Phase des Brainstormings einigten wir uns auf eine Klang-Projektion über Video. Die Sound-Spur sollte dabei etwas komplett anderes aussagen, als die Visuals. Am liebsten wollten wir einen Kontrast herstellen zwischen dem Gesehenen und dem Gehörten, die aber gemeinsam doch ein stimmiges Ganzes bilden. Durch einen Beitrag der “Hauptstadt” erfuhren wir vom Plan des neuen Quartiers. Das schien für uns der perfekte Untersuchungs-Gegenstand.

Prozess

Die Zusammenarbeit zwischen uns hätte auf der zwischenmenschlichen Ebene nicht besser funktionieren können. Wir fanden sofort Begeisterung für dieselben Ideen und wurden nach jedem Zusammentreffen von einem Motivationsschub ergriffen. Da wir aber in zwei unterschiedlichen Jahrgängen studieren, liessen sich Meet-Ups nicht immer so einfach organisieren. Wir trafen uns meist über die Mittagspausen, da sonst kaum zeitlicher Raum verfügbar war. So kamen wir mit der Planung zu Beginn nur schleppend voran. .

Das war auch (wie so oft bei Digezz-Projekten) ein Grund, wieso wir zum Schluss mit der Umsetzung ziemlich in Stress gerieten. Wir hatten das Vorgehen eigentlich schon präzise geplant, aber zu lange abgewartet, um es wirklich in die Tat umzusetzen.
Als wir merkten, dass die Deadline näher rutscht, kamen wir dann aber schnell in die Gänge.

Ursprünglich hatten wir für das Video noch ein paar Performance-Elemente geplant. Auch eine dritte Sound-Ebene, ein “Orchestra of Objects”, sollte bei der Umsetzung gefilmt werden. Aus diesem Grund hatten wir für das Pfingstwochenende über zwanzig Schauspiel und Musik-Studierende der HKB mobilisiert. Sie sollten mit Silent-Disco-Kopfhörern auf dem Feld zur entstandenen Soundspur interagieren. Die Schauspieler:innen mittels Performance, und die Musiker:innen mit Percussions-Sets gespielt mit zu den Locations passenden Alltagsgegenständen. Dabei wollten wir sie filmen. Leider machte uns ein unvorhersehbarer familiärer Notfall und seine entsprechende Zeit- & Fokus-Intensität hierbei einen Strich durch die Rechnung. Wir versuchten das Ereignis auf den 10. und 11. Juni zu verschieben, aber fast alle Teilnehmenden waren an diesen Daten bereits verreist. Somit mussten wir noch ein letztes Mal komplett umplanen. Wir liessen die Idee der Performance schweren Herzens fallen und konzentrierten uns auf die Aufnahmen der leeren Felder und die beiden verbleibenden Ebenen. Für die “Voices & Thoughts”-Ebene arbeiteten wir mit der verbliebenen kleinen Gruppe und baten einige der verreisten Teilnehmer:innen ihre Texte zuhause aufzunehmen, anstatt im Tonstudio am Holzikofenweg.

Es tat schon sehr weh, dass die aufwändige Planung des Performance-Weekends, in die wir eine Mehrheit an Energie, Zeit und Fokus gesteckt hatten, am Ende scheiterte. Fürs nächste Mal möchten wir mit einer kleineren Anzahl Teilnehmer:innen arbeiten. Das hätte mehr Flexibilität ermöglicht und die Kommunikation und Koordination gleichzeitig stark erleichtert.
Denn egal wie viel Commitment zum Projekt vorhanden ist, die emotionale Stabilität und Gesundheit dürfen dabei nicht zu kurz kommen. Eine Timeline, bei der niemand krank werden darf oder seinen familiären Verpflichtungen nachgehen, ist nicht bulletproof.

Technische Umsetzung

Audio

Die Sounds haben wir mit dem Zoom H6 aus der Ausleihe aufgenommen.
Für die Voices & Thoughts wurde das Tonstudio genutzt. Einige Teilnehmer:innen haben im Home-Recording ihre Smartphone-Mikrofone oder privaten Zooms verwendet.

Bearbeitet wurden die Aufnahmen mit Ableton Live Suite 11.

Video

Für die Aufnahmen durften wir die Lumix GH5 Kamera eines Mitstudenten ausleihen.
Gefilmt wurde im Log. Schnitt und Color Grading erfolgten dann in Adobe Premiere Pro.

Die Intro-Animationen wurden mit After Effects erstellt.

Summary of Learnings

  • Weniger Ambitionen, mehr Realismus
  • Zu aufwändige Vorstellungen/Ideen früher loslassen.
  • Schneller zur Tat/Umsetzung schreiten
  • Bei Einbezug externer Personen mit einer kleineren Gruppe arbeiten -> mehr Commitment der Einzelnen und einfachere Planung.
  • Mehr Pufferraum einplanen! (So hätte das Performance-Wochenende vielleicht noch eher auf ein für alle passendes Datum verschoben werden können…)

Fazit

Obwohl wir immer wieder umplanen mussten und die Koordination unserer Zeitpläne manchmal kompliziert ausfiel, haben wir die Studiengangsübergreifende Zusammenarbeit sowohl unter uns beiden als auch mit Studierenden der HKB nie bereut. Es entstand ein sehr inspirierender Austausch. Vor allem beim gemeinsamen Abendessen, dass wir für ein paar Ambi-Aufnahmen mit einigen der Teilnehmer:innen durchgeführt hatten und der Writing- & Recording-Session im kleinen Rahmen. Schade, dass wir das geplante Performance-Wochenende nicht durchführen konnten. Aber vielleicht ergibt sich ja wieder einmal eine Zusammenarbeit.