Dis Chochbuäch

Wer kennt ihn nicht – diesen einen Küchenschrank, den niemand in der Familie öffnen will, aus Angst, in einer Lawine aus Kochbüchern begraben zu werden. Aber warum haben wir so viele Kochbücher? Genau – weil wir pro Buch nur ca. drei Rezepte wirklich gut finden, da braucht es halt mehrere Kochbücher.

Ich wollte diesen vollen Schrank mit Kochbüchern nicht noch mehr strapazieren und habe mit meiner Schwester beschlossen, dass wir ein eigenes, speziell auf den Geschmack unserer Mutter zugeschnittenes Kochbuch erstellen wollen. Denn sind wir mal ehrlich, ein Kochbuch, mit den besten Rezepten, die garantiert auch gekocht werden, ist doch viel besser, als 30 Bücher, wovon wir die Hälfte der Rezepte nicht essen, geschweige denn noch selber kochen wollen.

Das Kochbuch in gedruckter Form steht bei meiner Mutter zuhause, die digitale Version möchte ich euch aber nicht vorenthalten – wer weiss, vielleicht passt euch das eine oder andere Rezept ja auch!

Viel Spass beim Durchstöbern und Nachkochen.

(ash)

Idee
Aus der Idee unserer Mutter ein Kochbuch zu Weihnachten zu schenken hat sich auf der Suche nach einem spannenden Digezz-Projekt für mich die Idee entwickelt, ein eigenes Kochbuch zu erstellen. Denn wie im Beitrag erwähnt, ist es ja wirklich so, dass viele Rezepte in den Kochbüchern zuhause gar nicht gekocht werden. Da meine Mutter und ihr Partner noch einen etwas extavaganteren und sehr gesunden Lebensstil pflegen, fällt es umso schwerer, ein passendes Kochbuch zu kaufen. Somit haben meine Schwester und ich entschieden, ein eigenes Buch zu erstellen.

Konzeption
Die Recherche nach guten Rezepten, die wir als Laien kochen konnten und meiner Mutter auch schmeckten, war schon die erste Hürde. Nach dem wir einige Rezepte zusammengesucht hatten, haben wir uns für eine Gliederung der Gerichte entscheiden: z’Morgä, zum Schnousä, Houptgang und Dessert, sollte es sein. Da das Kochbuch persönlich sein soll, war schnell klar, dass ich das Buch auf Berndeutsch verfassen möchte. Nachdem wir eine grobe Idee hatten, wie das ganze aussehen könnte, habe ich mich an ein Moodboard und Gestaltungsideen gesetzt.

Ich wollte eine warme, heimelige Atmosphäre erstellen, die Farben sollten warm sein und die Schriftart etwas verspielt. Ich wollte aber auch nicht ein überladenes oder «kitschiges» Kochbuch gestalten. Meine Vorschläge habe ich dann mit meiner Schwester besprochen. Ich musste schnell lernen, dass eine «Agenturbeziehung» mit meiner Schwester für mich nicht ganz einfach war. Sie als Laie, hatte Vorstellungen, die meine Skills teils überschritten oder aber die ganz und gar nicht zu meinem Geschmack trafen. Wir mussten uns in verschiedenen Dingen einigen, und dabei aber auch immer den Endkunden im Auge behalten, denn am Schluss musste es ja meiner Mutter gefallen. Und ihr Geschmack ist noch einmal 180 Grad anders als der meiner Schwester oder mir. Nach einigen Anpassungen bezüglich der Schriftarten sowie der Seitengliederung hatte ich ein Grundgerüst für unser Kochbuch erstellt.

Food-Fotografie
Ich liebe es mit meinem Smartphone Fotos zu scheissen, sei es von der Natur oder meinen Liebsten, Food-Fotografie ist mir aber noch nie wirklich gelungen. Mir war klar, dass ich mich erstmals in die Welt der Food-Fotografie einlesen musste. Dazu verbrachte ich Stunden auf Foodblogger-Foren und versuchte mich in Belichtung, Kameraeinstellung und Food-Arrangements einzulesen. Ich merkte schnell, dass mir das eine oder andere Equipment fehlen wird, eine Kamera konnte ich von meiner Freundin borgen, Lichtquellen oder 100 verschiedene Schüsselchen für die perfekte Inszenierung des Essens, hatte ich aber Corona-Bedingt nicht zur Verfügung. Aber ich liess mit nicht von meinem Vorhaben abbringen und entschloss mich, es einfach mal zu versuchen. Mit einem aus Karton und Papier gebastelten Reflektor und einem, in ein Fotostudio umgestalteten, Küchentisch legte ich los. Ich merkte schnell, dass die Kameraeinstellung für mich ein grösseres Problem darstellen wird. Ich habe mich aber einfach durchprobiert und wieder nachgelesen, wie und was ich noch optimieren könnte. Ich wollte, dass das Essen in all seiner Farbenpracht eingefangen wird, und das musste schnell gehen, denn je kälter das Essen wird, desto blasser werden die Lebensmittel. Ich arrangierte die Gerichte so, wie ich es gelernt hatte, ungerade Anzahl, mit Symmetrien und Asymmetrien spielen, genügend Dekoration, damit es schön aber nicht überladen aussieht und angereichert mit Accessoires, wie Küchentücher oder Besteckt. Ich merkte schnell, dass das Erzeugen der warmen Farben, die ich mir im Konzept überlegt hatte, kein Problem darstellen würde, sondern eher, dass es zu warm wirkt. Die Farbe unseres Tisches wirkte auf den Bildern wärmer und da ich die Fotos im November machte, war das Licht ab 16:00 Uhr zu dunkel und wurde auch wärmer. Die Golden Hour wurde mir beim Fotografieren zum Verhängnis. Auch die Farben der Lebensmittel konnte ich nicht ganz so einfangen, wie ich es mir vorgestellt hatte. Aber zu diesem Zeitpunkt hoffte ich noch auf Rettung in der Bearbeitungsphase der Bilder.

Postproduction
Da sass ich nun vor einem Berg Fotos, die ich aussortieren musste. In der Hitze des Gefechtes machte ich so viele Fotos wie nur möglich. Aus den 3 Fotosessions hatte ich nun 473 Fotos, die ich alle durchschaute und aussortierte. Für jedes Gericht machte ich eine Auswahl von 3-5 Bildern, die ich in Lightroom bearbeitete. Damit ich das Tool verstand, habe ich 2 Tutorials geschaut und mit so eingearbeitet. Ich wollte, dass die Fotos an Tiefe gewinnen und spielte mit dem Kontrast sowie der Helligkeit und der Intensität von Schwarz und Weiss. Die Farben der Gerichte versuchte ich einzeln hervorzuheben, hier war die grösste Herausforderung, dass die Bilder natürlich bleiben. Nun war da aber immer noch die Wärme. Auch die versuchte ich so gut wie möglich zu reduzieren, beispielsweise mit den Farbkorrekturen bei den warmen Tönen. Hier musste ich aber bei Gerichten mit Rotanteil (Tomaten etc.) darauf achten, dass die Gerichte nicht auch ausbleichten. Ich musste oftmals einen Kompromiss finden. Leider ist die Wärme in einigen Bildern immer noch sehr stark. Die Bildauswahl zeigte ich dann meiner Schwester und wir wählten für jedes Gericht das beste Bild aus.

Layout und Finalisierung
Nachdem ich die Rezepte herausgesucht hatte und so angepasst habe, wie wir sie gekocht haben, also beispielsweise längere / kürzere Kochzeiten oder Alternative Zutaten, musste ich die Rezepte alle auf Berndeutsch umschreiben. Dieser Aufwand hatte ich stark unterschätzt. Als dann alles in der Rohfassung stand, habe ich die Inhalte in mein inDesign-Gerüst eingepflegt und wieder angepasst. Um die Gerichte etwas zu unterteilen, habe ich auf dem iPad Zeichnungen für die Titelblätter der Kategorien erstellt. Mein erster Entwurf wurde wieder von meiner Schwester angeschaut und ich erhielt Feedback. Ich passte Seiten an, wechselte Bilder aus und pflegte noch ein Inhaltsverzeichnis ein. Nach einer weiteren Feedbackrunde hatten wir endlich unser Kochbuch fertig. Da das Kochbuch nur einmal gedruckt werden sollte, haben wir uns dazu entscheiden, die inDesign-Seiten als Bilder zu exportieren und das Buch als Ifolor-Fotobuch zu drucken.

Learnings

  • Vorarbeit ist das A und O! Das Arrangement der Gerichte muss im Voraus gut durchdacht sein, damit die Gerichte möglichst frisch fotografiert werden können und nicht die Farbe verlieren
  • Licht ist wichtig! Falls ich mich wieder einmal für eine Food-Fotografiesession entscheide, werde ich sicher ein gutes Licht organisieren, damit ich die Szene gut ausleuchten kann und nicht so sehr vom Tageslicht abhängig bin, wie ich es war.
  • Fix it in Post ist unbefriedigend! Ich hätte besser kürzere, dafür mehrere Fotosessions gemacht, und wirklich einfach dann fotografiert, wenn das Licht gut war und nicht zu warm. Die Wärme aus einem Bild zu ziehen ist bei Essen und einer Holzunterlage fast unmöglich.
  • Der Kunde ist König, auch wenn es ein Familienmitglied ist. Ich musste lernen, dass ich auf die Wünsche und Ideen meiner Schwester eingehen muss. Natürlich muss mir das Endprodukt auch gefallen, aber letztlich zählt nur, dass der Kunde zufrieden ist, auch wenn das nicht ganz das ist, was ich selber möchte.

Fazit
Dieses Kochbuch hat sehr viel Zeit, Nerven und Extraeinsatz gekostet. Es war alles andere als einfach, da ich mich weder in schönen Food-Arrangements noch im Fotografieren auskenne. Ich habe aber bei diesem Projekt sehr viel gelernt, auch wenn ich nicht 100% zufrieden mit meiner Arbeit bin. Ich musste Kompromisse eingehen und viel Zeit aufwenden. Die Freude meiner Mutter, als sie das Buch ausgepackt hat, hat aber diesen enormen Aufwand allemal wett gemacht. Und wer weiss, vielleicht wage ich mich ja wieder einmal an die Food-Fotografie, das nächste Mal aber vielleicht mit Gerichten, die mir selber mehr schmecken.