Du chasch das doch?

Welcher MMPler kennt es nicht. Man erklärt Freunden und Familie, dass man irgendetwas mit Medien studiert, und schon wird man engagiert, eine Hochzeit filmisch festzuhalten. Ein Erfahrungsbericht eines Multimedia Producer Studenten. 

Es beginnt damit, dass ich nichtsahnend den Briefkasten öffnete und eine wunderschöne Hochzeitseinladung von meiner Kollegin in den Händen hielt. Diese Nachricht hat mich so erfreut, dass ich mich direkt via WhatsApp bei ihr gemeldet habe. Wir haben uns zu Kaffee und Kuchen verabredet. Schnell bemerkte ich, dass es ihr ein grosses Anliegen wäre, wenn ich die Hochzeit filmen könnte. Ganz entsetzt habe ich erst mal abgelehnt. «Aber du chasch das doch» war ihre Aussage. Ich ging kurz in mich. «Ja, vom Equipment her wäre es nicht unmöglich» sagte ich leise. Ich versuchte ihr schonend beizubringen, dass eine Dokumentation zu drehen, mit vorbereiteten Interviews, schon nicht dasselbe sei, wie ein Event. Ich habe noch nie so etwas gemacht und im schlimmsten Fall gibt es keine Erinnerung an diesen Tag. Ihr Totschlag Argument war, dass sie auch noch eine Fotografin engagiert hat. «Na wenn das so ist», sagte ich zu ihr.

Vorbereitet habe ich mich, indem ich einerseits das Hochzeitsvideo meiner Eltern angeschaut habe, sowie Tutorials im Internet. «Eigentlich isch es ned soo e Hexerei», dachte ich mir fest entschlossen. Sehr wichtig für die Vorbereitung war auch der enge Kontakt mit den Tätschmeischter, welche mir, unter Einhaltung der Schweigepflicht, das Programm ausgehändigt haben. Am Tag zuvor wurden alle Akkus geladen, SD Karten formatiert und alles ins Auto verfrachtet.

Der grosse Tag ist da. Ich frage mich, ob ich, oder doch die Braut schlechter geschlafen hat. Einige Stunden vor der Zeremonie traf ich an der Location ein. Genug Zeit, um alles auszupacken, aufzubauen und mir einen guten Standort zu sichern. Dennoch habe ich es irgendwie geschafft, kurz vor der Zeremonie in Stress zu kommen, weil es einfach plötzlich so weit war. Die Technik hat mich während der Trauung nicht im Stich gelassen. Schliesslich bediente ich allein zwei Kameras und das Tonaufnahmegerät. Für den Rest des Tages habe ich einen Kamera-Handheld benutzt, auf welchem das Tonaufnahmegerät aufgeschraubt war. Erleichtert stieg ich spät nachts nüchtern und total fertig ins Auto. Es war ein wunderschöner Tag für mich (und die Braut). 

Das komplette Material wurde gesichtet und geschnitten in Premiere Pro. Ein kleiner Ausschnitt findet sich hier:

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Es war eine spannende Erfahrung für mich, welche ich von Herzen gerne für meine Kollegin gemacht habe. 

Pro Tipps:

-Nebst dem Basic Material braucht es Ersatzakkus, Ersatz-SD-Karten und Ersatzbatterien. Die Ladegeräte dazu am besten gleich auch noch einpacken. Eine Powerbank kann als Backup nützlich sein, denn einige Geräte haben einen USB Strom Eingang, um extern gespiesen zu werden. Ähnlich verfährt man mit den SD-Karten. Es gibt Akku betriebene externe Festplatten, mit SD-Karten-Eingang. Ist eine SD-Karte voll, kann sie direkt vor Ort schon gesichert werden, ganz ohne Laptop. 

-Mehrere Kameras. Auch wenn es die alte GoPro ist, welche ihr irgendwo in einer Ecke platziert. Der Film ist viel angenehmer zu schauen und wirkt dynamischer, wenn zwischen unterschiedlichen Perspektiven geswitcht werden kann. Ausserdem kann man so immer unschöne Wackler vertuschen 😉

-Grösstenteils wird die Trauung vom Pfarrer oder ähnlichem übernommen. Aber aufgepasst: Das Treuegelübde von Braut und Bräutigam ist voller Emotionen. Das Tonaufnahmegerät muss so platziert werden, dass dieser wichtige Moment nicht unter geht. Adapterkabel von allen möglichen Anschlüssen zu allen möglichen Anschlüssen können nützlich sein, da in Kirchen meistens eine Audioanlage vorhanden ist, an welche alle Mikrofone angeschlossen sind, die benutzt werden. 

-Der frühe Vogel fängt den Wurm. Nein wirklich, kommt früh genug. Es nützt nichts, wenn ihr nervöser als die Braut seid.

-Der Kollegin habe ich das Angebot gemacht, eine DVD mit Cover zu brennen. Dankend hat sie abgelehnt, da sie kein Gerät mehr besitzt, um diese abzuspielen. Ich persönlich finde es schade, wenn solche Filme in den Tiefen von Clouds untergehen. Als Alternative gibt es USB-Sticks, welche sich bedrucken lassen und passende Hüllen dazu. Mehr oder weniger moderne Fernseher sind ganz ohne DVD-Player in der Lage, ein Film davon wiederzugeben.

(mst)

Vorab möchte ich meiner Kollegin danken, welche mir erlaubt hat, das komplette Videomaterial für schulische Zwecke zu nutzen und natürlich den unvergesslichen Tag/Abend. Ohne diese Zustimmung wäre es somit weder als Digezz, noch generell zustande gekommen.

Bis anhin konnte ich mich erfolgreich dagegen wehren, Events zu filmen. Ich mag diesen Druck von: «Es MUSS jetzt oder nie klappen» überhaupt nicht. Dass dieses Projekt für das Modul Digezz umgesetzt werden konnte liegt daran, dass eine gelehrte Fotofachfrau die Hochzeit bildnerisch festhielt. Ich war sozusagen nur ein normaler Gast mit Kamera. Dennoch war ich sehr nervös während der Trauung.

Der Umgang mit Mikrofon und Kamera liegt mir spätestens seit dem Modul AUDERZ. Die neue Situation hat mir jedoch geholfen herauszufinden, ob eine Tätigkeit als Eventfilmer für mich in Frage kommt. Und nein, tut es nicht. Von Herzen gerne schenke ich meiner Kollegin dieses Werk, in welches ich viel Zeit und Bauchschmerzen investiert habe – denn sie ist es mir wert. Ich bin jedoch davon überzeugt, dass ich für fremde Menschen nicht so viel Elan aufbringen könnte.

Apropo wert sein, den Beitrag habe ich auf offene und ehrliche Art verfasst, damit jeder MMP Student in sich gehen kann und überlegen, wie viel ihm seine Mühe und Arbeit wert ist. Nur weil man etwas kann, heisst es nicht dass man es muss. Und schon gar nicht darf man Hemmungen haben, eigene Arbeit zu dem Preis anzubieten, welche es einem wert ist, unabhängig davon ob Student oder ausgelehrt.

Fazit:

Glücklicherweise hatte ich keine Probleme mit der Technik. Ich konnte somit bis zum Schluss circa 4 Stunden Videomaterial sammeln. Beim Schneiden fühlte ich eine gewisse künstlerische Freiheit, da so ein Hochzeitsvideo nicht extrem formal ist. Ich betrachte dieses Projekt als tolle Übung, welche kaum jemand machen kann. Damit meine ich, dass es egal war, ob es schlussendlich ein Video gibt oder alles in die Hosen ging. Auch wenn ich mit dem Endprodukt zufrieden bin ist ein weiteres Learning daraus, dass ich so eine Arbeit beruflich nie anstreben werde.