Handyfotografie – eine Werkzeugkiste

„zeichnen mit Licht“ – Fotografie

Mit einer Schulklasse habe ich in einer Lektion Bildnerisches Gestalten das Thema Fotografie behandelt. Daraus ist eine Werkzeugkiste entstanden mit den 5 wichtigsten Regeln und Tools für richtig gute Handybilder.

Mit einer Schulklasse habe ich in einer Lektion Bildnerisches Gestalten das Thema Fotografie behandelt. Daraus ist eine Werkzeugkiste entstanden, mit den fünf wichtigsten Regeln und Tools für richtig gute Handybilder.

Fotografie: Aus dem altgriechisch φωτόςphotós ‚Licht‘ und γράφειν grapheinschreiben‘, ‚malen‘, ‚zeichnen‘, also «zeichnen mit Licht».

Um dem Guide folgen zu können, wähle dir ein Foto aus diesem Ordner aus. Nimm eines, das dich auf den ersten Blick anspricht. Die Bilder sind von verschiedenen Fotograf:innen, die meisten gehören mir nicht.
Du kannst das Bild auf einem zweiten Bildschirm oder in einem neuen Tab öffnen und schauen, ob darauf die einzelnen Regeln angewandt wurden.

1. Licht

Licht ist eigentlich das Wichtigste in der Fotografie. Wenn das Licht nicht stimmt, wird das Ganze Foto schlecht.

Probiere also, gutes Licht abzuwarten, wenn du fotografiern willst. Am besten ist natürliches Licht, bei einem verhangenen Himmel lässt es sich am einfachsten fotografieren.

Abendstimmung am Meer – Übergang von der Golden Hour zur Blue Hour

Die allerschönsten Lichtverhältnisse sind aber bei Sonnenaufgang oder Untergang zu erwischen. Die Landschaften und Gesichter werden in warmes Licht getaucht und wie durch einen natürlichen Filter weichgezeichnet. Nicht umsonst wird diese Zeit «Golden Hour» genannt. Kurz vor Sonnenaufgang oder kurz nach Sonnenuntergang, wenn noch genügend Licht vorhanden ist, hat alles einen Blaustich. Diese Zeit nennt man «Blue Hour». Auch da gibt es sehr stimmungsvolle Bilder, probier’s aus!

2. Nähe und Fokus

Zeige, was wichtig ist!
Dein Handy fokussiert nicht unbedingt auf das Wesentliche, sowie es das Auge tut. Tippe auf den Bildschirm, da wo das Hauptmotiv zu sehen ist, bis das Fokusquadrat auf der gewünschten Stelle liegt.

Hier kannst du selber probieren!

Geh nah ans Motiv heran, das du fotografieren willst. Aber aufgepasst, der Zoom kann die Qualität ganz schön beeinflussen.

Worauf liegt der Fokus hier? Den Säntis? Den Seealpsee und der Spiegelung? Oder den Wanderern?

3. Komposition: Die Drittel-Regel

Schon in der antiken Malerei wurde herausgefunden, dass für uns Bilder im Goldenen Schnitt als besonders harmonisch wirken. Etwas vereinfacht wurde daraus die Drittel-Regel abgewandelt. Sie trifft aber nicht weniger zu.

Bei der Drittel-Regel wird das Bild gedanklich in neun Teile geschnitten. Man zieht zwei waagrechte und zwei senkrechte Linien, so dass alle neun Teile gleich groß sind. Wenn die wichtigsten Bildelemente – Augen bei Portraits oder die wichtigsten Dinge in beispielsweise Auto- oder Landschaftsfotografie auf einer dieser Drittellinie oder bestenfalls auf dem Kreuz liegen, so finden wir das Bild ansprechend. Unser Gehirn weiss dann genau, worauf es sich fokussieren muss.

Hier kannst du selber probieren!

Nimm dein Mobiltelefon zur Hand und schalte die Grid-Funktion ein. Entweder direkt in der Kamera-App (bei Android) oder in den Einstellungen (bei Apple). Halte die Kamera nun auf das Beispielbild. Wurde die Drittel-Regel eingehalten?

4. Perspektive

Augenhöhe kennen wir. Das ist nicht neu, aber sicher auch nicht falsch. Wenn du jedoch eine neue Perspektive auf eine Sache geben willst, dann versuche es mit einer neuen Kameraposition. Aber aufgepasst! Hier können unvorteilhafte Fehler passieren.

Hier ist in der Bildperspektive etwas schiefgegangen. Die hohe Position der Kamera macht die Beine des Models kurz und den Oberkörper dazu viel zu lang.
Hier kannst du selber probieren!

Probiere mal neue Perspektiven aus. Eine extreme Unteransicht kann ein Wasserglas riesig wirken lassen. Von oben wirkt alles klein und gibt dem Betrachter das Gefühl, über allem zu schweben. Und manche Perspektiven verzerren ein Objekt so sehr, dass er fast nicht mehr wiederzuerkennen ist. Auch das kann spannend sein.

Wichtig ist aber, dass man merkt, dass die (komische) Perspektive genau so gewollt und kein Zufall ist. Sonst sieht das Bild eher wie ein Fehlschuss aus.

5. Den Moment einfangen

Manchmal geht es zu schnell, um die Regeln der Fotografie zu beachten. Wichtig ist es, authentische Reaktionen und echte Emotionen festzuhalten, das gibt den Bildern Qualität und hält Geschichten fest.

Fotografie zu lernen, braucht Zeit und mehrmaliges Ausprobieren. Lerne dein Gerät immer besser kennen. Wenn du viele Bilder machst, sind auch viele Schlechte dabei. Das macht gar nichts, daraus kannst du nur lernen. Wenn du dir nicht sicher bist, wieso dir ein Bild nicht gefällt oder eines speziell gut geworden ist, dann komm auf diese fünf Tipps zurück. Meistens findest du in diesen Basics, wonach du suchst.

(ash)

Die Lektion
Die Herausforderung war, das riesige Thema Fotografie in 45 Minuten Unterrichtszeit zu packen. Die Sprechzeit sollte etwa 20 Minuten betragen, da sich die Schülerinnen und Schüler nicht länger auf den Frontalunterricht konzentrieren können. Die Schüler und Schülerinnen sollten selber aktiv werden können.
Ich persönlich liebe das Thema natürlich und könnte einige Lektionen damit füllen. Der Ursprung, die Geschichte, die verschiedenen Methoden, wie eine Linse aufgebaut ist, wie die Einstellungen manuell zu handhaben sind, Bildkomposition, grosse Fotografinnen und Fotografen, …
Mich kurz zu fassen fiel mir sichtlich schwer. Um das Thema herunterzubrechen und mich einzugrenzen, habe ich bei der Basis angesetzt, von der aus alle Schülerinnen und Schüler (und wir alle) starten: mit der Kamera in unserer Hosentasche. Da diese schon fast die ganzen Einstellungen für uns macht, konnte ich einen grossen Theorieblock weglassen – ein wesentlicher Teil, den man nur mit stundenlanger Übung zur Perfektion bringt.
Die ganze Lektion war auf Beispielbildern aufgebaut. Das half enorm, die Theorie angewandt zu sehen. Auch habe ich zu jedem Punkt entsprechende Positiv- und Negativbeispiele gezeigt.
Zudem habe ich ihnen ein Cheatsheet mit den wichtigsten Punkten mitgegeben, das – sinnvollerweise – dort ist, wo auch die Kamera ist, als Bild auf dem Mobiltelefon.

Umsetzung
Die durchgeführte Lektion in einen Rahmen zu packen, der ins Format Digezz passt und für mich auch zeitlich zu schaffen war, gestaltete sich schwierig. Ich habe einige Vorstellungen, wie man die Lektion in einen Kurs umformen könnte, der als solcher im Selbststudium veröffentlicht werden könnte (siehe Ausblick).

In der Umsetzung hingegen musste ich mich, vor allem durch den Faktor Zeit, relativ schnell von meinen Vorstellungen verabschieden. Das jetzige Resultat zeigt vor allem die Arbeitsweise und die Materialien auf und reisst grob an, was daraus gemacht werden könnte.

Ausblick
Als Weiterführung dieses Beitrags bietet es sich an, die Lektion als Crashkurs für das Fotografieren mit dem Handy aufzubereiten. Ob als Booklet, Video oder Website, ich denke es wäre sicher ansprechend für Personen, die ihr Telefon etwas besser kennenlernen und mehr herausholen wollen. Die Fotochallenge, mit der die Schülerinnen und Schüler beauftragt wurden, wäre auch von Einzelnen machbar und der Austausch beispielsweise über soziale Netzwerke würde eine Community schaffen.