How to: Produktvideo
In den vergangenen drei Semestern haben wir im Modul «Filmisches Gestalten» gelernt, wie wir Porträts, Berichte und Reportagen erstellen. Allerdings gibt es unzählige weitere Filmgenres; eines davon ist gerade im Berufsalltag besonders wichtig. Wie sieht’s bei Videos zu Werbezwecken, wie beispielsweise Produktvideos aus? Wir zeigen euch, welche Schritte durchlaufen werden, um ein Produktvideo umzusetzen. In unserem Fall haben wir ein solches mit der Firma SKF Sealing Solutions gemacht, dass uns auch als Grundlage für diesen Beitrag dient.
Zum Unternehmen: Die SKF Sealing Solutions GmbH befindet sich in Frauenfeld und stellt Dichtungen für Industrie und Haushalte her. Eines Tages wurden wir auf die Idee aufmerksam, ein kleines Produktvideo für diesen Betrieb zu machen. Das war der Startschuss für dieses Projekt – doch wie sehen die nächsten Schritte aus und was muss eigentlich alles beachtet werden?
1. Die Beschaffung von Aufträgen
Häufig muss man sich solche Aufträge selbst einholen. Hier gibt es die Möglichkeit der klassischen Kundenakquise: Unternehmen können entweder via Mail, Social Media oder telefonisch kontaktiert werden. Am effektivsten kommt man an einen Auftrag, wenn bestehende Kontakte im privaten Umfeld bestehen: In unserem Fall war es Arbër, der seinem besten Freund, der in Frauenfeld bei der SKF in der Produktion arbeitet, den Vorschlag machte, ein Produktvideo in seiner Arbeitsstätte umzusetzen.
2. Die Idee und das Konzept
Beim Konzept und der Ideenfindung sollte man im regen Austausch mit der Kundschaft sein. Sie kennen ihr Produkt, die Firma und deren Stärken sowie Schwächen. Gerade für Sprechertexte können die Kunden sagen, in welche Richtung das Video geht oder wie es strukturiert sein sollte. Die Details kennen die Mitarbeitenden meist am besten. Bei der visuellen Darstellung des Videos ist allerdings mehr subjektive Meinung denn Fachwissen gefragt.
3. Der Drehtag / der Dreh vor Ort
Auf den Drehtag empfiehlt es sich, genug Zeit einzuplanen. Man hat viel Equipment, das vorbereitet werden muss. Ein Zeitplan ist dabei eine gute Stütze; doch es kann immer zu Verzögerungen kommen. Oft kommt es vor, dass von Seiten des Kunden kurzfristig Anpassungen oder Änderungen vor Ort anstehen. Es gilt, hierbei flexibel zu bleiben und genug Zeit einzuplanen. Das Bereitstellen des Equipments (Ton, Licht, Kamera, etc.) dauert immer einen Moment, das sollte im Zeitplan mit einberechnet werden.
Achtet beim Dreh darauf, dass nicht nur das gezeigt wird, was erzählt wird. Bei Produktvideos eignen sich viele kurze Szenen immer gut, weil bei Produktvideos keine langen Szenen enthalten sein sollten. Filmt also auch viele Zwischenaufnahmen, Schwenks und allgemeine Aufnahmen des Betriebs, damit man genug Material hat, um «Lücken» zu füllen.
4. Die Postproduktion
Bei der Postproduktion wird bei allen Videos gleich vorgegangen. Schnitt, Effekte, Musik, Colour Correction & Grading, that’s it. Allerdings gilt bei Produktvideos einiges zu beachten: Vermeidet lange Szenen. Die Cuts sollten schnell nacheinander kommen. Oft erzählt ein einzelnes Bild mithilfe der Off-Voice eine prägnante Geschichte. Eines der wichtigsten Faktoren der Produktvideos spielt die Musik. Diese ist essentiell und sollte nicht vorschnell gewählt werden. Lasst euch hier Zeit, bis ihr etwas passendes gefunden habt.
Oft gibt der Drehplatz oder das Produkt nicht viel her. Wir hatten bei unserem Dreh zwar viele Aufnahmen, aber aufgrund des kleinen Büros nur wenig Möglichkeit, eine sehr breite Palette an verschiedenen Motiven aufzunehmen. Wir brauchten also mehr. Für Symbolbilder und hübsche Lückenfüller eignet sich natürlich Stock Footage immer sehr. Hier gibt es unzählige verschieden Webseiten, welche solches Material, teils sogar gratis, anbieten.
5. Abschluss
Die Kommunikation mit dem Kunden wird in der gesamten Zeit nie unterbrochen. Sie möchten stets auf dem Laufenden gehalten werden. Der Rohschnitt sollte gemäss Erfahrung also relativ zügig kommen. Es ist normal, wenn die Kunden noch einige Anpassungen wünschen, je besser darüber kommuniziert wird, desto entsprechender wird das Produktvideo für den Kunden. Vielfach einigt man sich auf eine Deadline. Das hilft beiden Parteien, den Überblick zu behalten. Setzt euch und euren Kunden also realistische und den Umständen entsprechende Deadlines.
6. In Kontakt bleiben
Gerade im Bereich von Produktvideos arbeitet man immer mit Firmen zusammen, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder ein Video oder eine andere Dienstleistung beanspruchen. Kunden zu gewinnen ist das eine, sie zu pflegen das andere. Wichtig ist es also, den Kundenkontakt auch nach der Ablieferung des Produktes nicht schleifen zu lassen. Bleibt in Kontakt, folgt dem Kunden auf LinkedIn, liked das Video, falls es für Social Media generiert wurde und bietet euch natürlich für weitere Dienste an. Gerne gesehen sind auch immer ein paar extra Fotos als Goody.
Die 3 wichtigsten Tipps:
Seid ehrlich, konstruktiv und geht auf die Wünsche des Kunden ein. Versucht eure Inputs immer zu begründen und sagt dem Kunden direkt, wenn etwas aus eurer Sicht nicht funktioniert oder es noch eine bessere Lösung gibt.
Versucht die wichtigsten Infos für den Dreh frühzeitig zu vereinbaren. Bei uns war das Skript für den Sprechertext erst in letzter Minute fertig, was für uns, wie auch für den Kunden nicht optimal war.
Pünktlichkeit ist das A und O. Termine müssen kommuniziert und eingehalten werden. Nehmt auch den Kunden in die Pflicht, denn oft ist euer Projekt nicht zuoberst auf der Prioritätsliste, ihr müsst aber klar machen, dass auch ihr Pünktlichkeit für ein erfolgreiches Projekt vom Kunden benötigt.
Hier das Produktvideo:
(hil)
Fazit/Reflexion
Raphaels Devise
Pre-Production: Gerade der Start in das Projekt verlief eher harzig. Wir hatten uns bereits im Juli mit dem Geschäftsführer getroffen und über die verschiedenen Anforderungen an das Video geredet. Damals war aber noch von einem Image- und nicht von einem Produktvideo die Rede. Doch wie es so oft im Leben ist, kam es anders. Nach dem ersten Treffen erstellten wir ein grobes Konzept für den Videodreh. Dieses haben wir natürlich sogleich verschickt, erhielten aber erst nach 5 Wochen eine Antwort für die weiteren Anpassungen des Grobkonzeptes. Da wir eigentlich den Auftrag noch in den Sommerferien umsetzen wollten und ich bereits im WK war, Philip in den Ferien und das Semester bald begann, entschieden wir uns, den Auftraggeber für eine neue Lösung zu kontaktieren. Für uns wäre das Imagevideo zu viel Arbeit während des Semesters gewesen und deswegen einigten wir uns darauf, ein deutlich kürzeres Produktvideo zu erstellen. Dazu erarbeiten wir ein kurzes Konzept, welches mit den Texten der Firma vervollständigt wurde. Nach langen Überarbeitsphasen und nachdem wir den eigentlichen Drehtermin verschieben mussten aufgrund einer Covid19-Erkrankung , konnten wir dann im November an einem schönen Freitag uns nach Frauenfeld aufmachen und die Aufnahmen realisieren.
Die Aufgaben innerhalb des Teams hatten wir bereits am Anfang des Projektes verteilt. Arber war für die Konzeptionierung und die Kommunikation mit dem Kunden zuständig, Philip für die Aufnahmen, den Ton und die Post-Produktion und ich war für das Material und die Kameraführung zuständig. Da wir nicht alle für das Video erforderlichen Bilder direkt aufnehmen konnten, mussten wir mit Stockfootage arbeiten.
Production: Die Produktion des Videos verlief wie anzunehmen war, nicht wirklich reibungslos, an verschiedenen Drehplätzen war es relativ laut und wir konnten nicht immer eine optimale Tonqualität garantieren. Wir konnten aber zum Glück pünktlich starten, die Verkehrssituation war gut zu meistern. Auch die Zeit für den Aufbau konnten wir mühelos einhalten. Die Aufnahmen dauerten auch relativ lange, weil der Sprechertext nicht sass und wir somit sehr lange mit diesen Aufnahmen beschäftigt waren. Wir merkten auch während den Dreharbeiten, dass wir noch mehr B-Roll Material benötigten, weswegen wir deutlich mehr Aufnahmen machten. Am Schluss verwendeten wir dann aber doch auch relativ viele Stockfootage Aufnahmen. Auch die Lichtsituaton war während den Aufnahmen im Lager sehr prekär. Leider war es aufgrund der Kamerabewegung und des vorhandenen Raumes nicht möglich zusätzliches Licht zu installieren. Ein nächstes Mal müssen solche Aufnahmen anders arrangiert werden.
Philips Devise
Allgemein: Das Projekt hat mir grossen Spass gemacht. Die Kommunikation war teils etwas harzig und wir brauchten viel Geduld, doch am Ende hatten wir einen coolen Drehtag und ein sehr lehrreiches Projekt mit einem Endresultat auf das ich stolz bin. Gerade da wir, insofern wir nicht Brandes Motion als Major wählen, nie mit Produktvideos zu tun haben, war ich froh, kam ich durch dieses Projekt doch noch in Berührung damit, da die Art von Videos meiner Meinung nach auf dem Arbeitsmarkt wichtiger ist, als Reportagen etc. Ich habe sehr viel über die Abläufe, die Auftragsabwicklung, Kommunikation mit dem Kunden gelernt. Vor allem habe ich aber während dem Drehtag und der Postproduktion viel gelernt, da es hier zu anderen Videoarten doch einige Unterschiede gibt. Sprechertext kam sehr kurzfristig und war viel zu lang. Wir bekamen noch Last Minute Änderungen von Seiten Kunden, was das Ganze etwas kompliziert gemacht hat aber das gehört dazu. Letzten Endes bin ich sehr zufrieden mit dem Resultat.
Audio:
Wir nahmen mit einem Zoom H6 Gerät auf. Ausserdem benutzten wir Lavaliers und eine Tonangel, um verschiedene Quellen zu haben. Es erwies sich als hilfreich, haben wir das Gerät vorher ausprobiert, sonst hätten wir ein zeitliches Chaos gehabt und es käme bei der Kundschaft blöd rüber. Es ist allgemein von Vorteil, wenn man die Geräte zunächst einmal ausprobiert. Vor Ort hatten wir gemerkt, dass das Gewinde des Mikrofon mit der Tonangel nicht übereinstimmte. Wir mussten deshalb improvisieren und nahmen Ducttape. Das ist natürlich alles andere als professionell. Da müssen wir beim nächsten mal unbedingt darauf achten, die ausgeliehenen Geräte zu testen und den Überblick zu behalten. Was aber gut ging, war das Zusammenspiel mit den verschiedenen Tonspuren: Da konnten wir aus den letzten Semestern im Modul Audio- und Kameratechnik profitieren.
Den Sprechertext haben wir mit einem mobilen Audioset aufgenommen. Für das sind wir in das Lager gegangen, denn dort gab es weniger Lärm und Hall. Der Sprechertext wurde von einem Mitarbeitenden aufgenommen. Den Sprechertext hätten wir im nachhinein mit einem «professionelleren» Sprecher/in aufnehmen sollen, denn es brauchte sehr viele Anläufe, bis der Text sass. Selbstverständlich ist es klar, dass der Mitarbeitende das zum ersten mal macht, wir sollten künftig proaktiv auf die Kundschaft zugehen und so etwas anbieten, da wir im privaten Umfeld Leute kennen, die eine Affinität für so etwas haben. Ausserdem unterscheidet sich die Tonqualität (es klingt kratzend) mit der Tonqualität am Anfang und am Ende des Videos; das müssen wir unbedingt bei künftigen Videos angleichen, sonst verlieren die Videos unnötig an Wert.
Datenmanagement:
Gut haben wir genug externe Festplatten mitgenommen, denn da wir mit einer Black Magic Pocket Cinema Camera 6K aufnahmen, kamen sehr schnell sehr viel Datengrössen zusammen. Bei den einzelnen Aufnahmen haben wir oft den die Szene und Take mitgesagt, haben das aber nicht immer konsequent gemacht. Das rächte sich beim Sortieren der Aufnahmen, was natürlich mehr Zeit in Anspruch nahm. Für die nächsten also unbedingt konsequent Die Szene und das Take aufsagen, um eine effiziente Arbeitsweise zu bewahren.
Post Production:
Die grösste Arbeit ergab die Post Production. Das Video selbst dauert nur wenige Minuten, aber es gibt viele Bildwechsel. Wir merkten im Nachhinein, das es mit den Aufnahmen eng werden könnte, denn viele Aufnahmen waren «zu lang» und da musste entsprechend gekürzt werden Da es allerdings Lücken gab, mussten wir uns immer wieder Gedanken, welche Bilder wir einsetzen mussten, damit die Bilder mit der Off-Voice übereinstimmt. Zum Glück konnten wir die Stock Footage verwenden. Bei unserem Drehplan müssen wir künftig einen Abschnitt «essentielle Bildaufnahmen» mit einbeziehen, damit wir nicht mehr so in Bedrouille kommen.
Es gab einige Bereiche, die wir in der Post fixen mussten: Zum einen gab es Szenen, da flackerte der Bildschirm aufgrund von einer anderen fps. Da legten wir einen Fläche mit dem Firmenlogo drüber, damit das nicht mehr passiert. Ausserdem gab es einige Wackler im Bild, die mussten wir stabilisieren. Diese Erkenntnisse werden wir für künfitge Videodrehs berücksichtigen.
Colour Grading:
Die Correction und das Grading ging dann etwas flüssiger über die Bühne. Uns fiel auf, dass das Video einen Grünstich aufwies, was wir korrigieren mussten. Uns war es wichtig, dass das Video einen «industriellen» Charakter haben sollte, also durfte es nicht allzu bunt sein. Allerdings wäre es sicher nicht verkehrt gewesen, wenn wir bei der Beleuchtung beim Dreh mehr hätten rausholen können. Bei einigen Szenen war ein wenig zu dunkel. Das korrigierten wir bei der Correction.
Arbers Devise
Im grossen und ganzen bin ich mit dem Projekt zufrieden. Wir sind bei unserem Erstkontakt kompetent, sympathisch und zuvorkommend aufgetreten. Mir war der erste Eindruck von uns sehr wichtig, vielleicht auch, weil mein bester Freund dort arbeitet, who knows… Jedenfalls war uns die Kommunikation besonders wichtig. Das beruhte sich aber nicht immer auf Gegenseitigkeit. Da habe ich bemerkt, dass es nicht bei jedem vorhanden war. Auf Antworten des Unternehmens mussten wir lange warten. Da musste ich mich in Geduld üben und Geduld ist leider nicht so meine Stärke. Andererseits habe ich dazugelernt, was es heisst, flexibel zu bleiben und sich der Situation entsprechend einzustellen. Wir hatten während unseres Projekts immer wieder kleinere oder grössere Hindernisse zu bewältigen, sei es die Pandemie, fehlende Informationen, fehlende Kommunikation. Ich konnte dadurch einen guten Einblick in die Arbeitswelt dieses Metiers erhalten. Ich muss aber auch sagen, dass die Arbeit mehr Spass machte als gedacht. Mit Raphael und Philip zu arbeiten, ist wiederholt ein echter Glücksfall. Wir sind oftmals auf einer Wellenlänge, verstehen uns auch abseits des Studium prächtig, ergänzen uns gut in unseren Gruppenprojekten und arbeiten zum Wohle des Teams füreinander und nicht gegeneinander. So machen solche Projekte definitiv Spass.