Image Ethics
Wer filmisch über jemanden berichtet, muss einige medienethische Aspekte berücksichtigen, insbesondere dann, wenn Protagonist*innen im Zentrum politischer Diskurse stehen. Ich habe mich auf theoretischer und praktischer Ebene damit befasst, was es heisst, die Anliegen vulnerabler Protagonist*innen zu repräsentieren und dabei ihre Integrität zu schützen. Entstanden sind zwei Arbeiten, die inhaltlich nicht unterschiedlicher sein könnten, sich formal aber beide mit schwierigen medienethischen Fragen und Implikationen beschäftigen.
Lehrprojekt
In meinem Lehrprojekt befasse ich mich mit der filmischen Darstellung von intergeschlechtlichen Menschen, also Menschen, die angeboren sowohl männliche als auch weibliche körperliche Eigenschaften aufweisen (≠ Transidentität). Nach Zahlen der Organisation InterAction Suisse weisen weltweit rund 1-2 % der Bevölkerung eine intergeschlechtliche Variation auf. Dies entspricht in etwa der Häufigkeit von rothaarigen Menschen. Aufgrund starker Stigmatisierung und fehlender politischer Rahmenbedingungen sind intergeschlechtliche Menschen in der Gesellschaft aber immer noch fast unsichtbar. In Zusammenarbeit mit Anja Klose habe ich daher drei Porträts von Personen erstellt, die selbst intergeschlechtlich sind oder als Elternteil eines intergeschlechtlichen Kindes direkt damit zu tun haben.
Ziel des Projekts ist es, Intergeschlechtlichkeit für die Gesellschaft sichtbar zu machen und die Bevölkerung für die Thematik zu sensibilieren. Dabei haben wir großen Wert darauf gelegt, dass die Entscheidungshoheit über die eigene Darstellung stets bei unseren Protagonist*innen liegt. Sie erzählen ihre Geschichte selbst und bestimmen darüber, ob sie erkennbar sein wollen oder nicht. Zudem gab es während der Produktionsphase verschiedene kleinere und grössere Abnahmen von konzeptionellen, visuellen und auditiven Elementen. So haben wir versucht, unseren Protagonist*innen möglichst viel Darstellungsmacht über ihre eigene filmische Repräsentation einzuräumen und alle Prozesse transparent zu halten.
Entstanden sind drei Episoden, in denen intergeschlechtliche Menschen einen Einblick in ihr Leben gewähren, über das Thema aufklären und sich stark machen gegen die anhaltende Stigmatisierung:
Thesis
In meiner Thesis geht es inhaltlich um ein ganz anderes Thema, nämlich um Wölfe und Bären in Schweizer Medien. Konkret habe ich untersucht, mit welcher medienethischen Haltung die Filmemachenden von SRF Netz Natur ihre tierischen Protagonisten darstellen, die im Zentrum vieler politischer Debatten stehen. Methodologisch orientiert sich die Arbeit an der filmethischen Analyse nach Thomas Bohrmann, welche die Dokumentarfilme auf narrativer, visueller und auditiver Ebene untersucht. In meinen eingangs definierten Thesen gehe ich davon aus, dass Netz Natur kontradiktorische ethische Positionen (Anthropozentrismus und Biozentrismus) einnimmt und daher in ein ethisches Dilemma gerät. Meine Untersuchung hat ergeben, dass dieser Konflikt tatsächlich besteht, Netz Natur aber klar zu einer ethischen Richtung (Biozentrismus) tendiert und folglich nur scheinbar mit einem ethischen Dilemma kämpft.