Ist halt eben live

Kerze Thumbnail Livestream

2020 war das Jahr der Livestreams. Diesen Versuch wollte die Katholische Kirche Mörschwil zusammen mit mir auch wagen. Für beide eine komplett neue Welt.

Im November kam der Präsident des Pfarreirates auf mich zu mit der Idee, dass sie gerne die sogenannte «Nacht der Lichter» als Versuch nutzen würden, um in Form eines Livestreams die Katholische Bevölkerung im Dorf in diesem schwierigen Jahr besser zu erreichen.

Ich war da natürlich sofort dabei. Schon vor der Pandemie hatte ich mich mit der Thematik intensiv befasst und wollte dies endlich mal anwenden können und meine ersten Erfahrungen mit Livestreams machen.

So wurde am 28. November mit drei Kameras live aus der Kirche Mörschwil in die grosse weite Welt gestreamt.

Das Endresultat war sicher nicht perfekt und weit weg von SRF Standards, jedoch habe ich dabei extrem viel gelernt. Unter anderem, dass sich Fehler, wenn es live ist, nicht mehr rückgängig machen lassen.

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(hil)

In der Preproduction ging es hauptsächlich darum einige Fragen im Bezug auf die Infrastruktur abzuklären. Um am Tag des Streams möglichst effizient zu sein.

Auf welche Plattform wird gestreamt?

Wie kriege ich stabiles Internet?

Wie bekomme ich den Ton der Kirchenanlage direkt auf den Stream?

Wo kann die Regie gebaut werden?

Wo passiert was bzw. wo müssen Kameras stehen?

Für die Plattform haben wir uns auf Youtube geeinigt. Ich konnte einfach mit einem neu erstellten Google Account einen Stream schon im Voraus erstellen und den Link teilen. Dieser konnte somit auch mit einem URL-Kürzer einfach abtippbar gemacht werden und per Briefpost versendet werden. Youtube hat auch den Vorteil, dass das Interface für viele bekannt ist und mit der Kommentarfunktion auch etwas Interaktion möglich ist.
Für stabiles Internet wurde extra eine Lan Leitung zum Nachbarhaus verlegt, um nicht von unzuverlässigem W-Lan oder 4G abhängig zu sein.
Um den Ton direkt von der Hausanlage abgreifen zu können traf ich mich am Vortag mit den Installationstechniker. Er konnte mit übers Netzwerk den Zugang geben, dass ich ohne ein einziges XLR Kabel zu ziehen, den Mikrofonton auf meinen Laptop bekam. Da aber auch noch Orgel und andere Instrumente spielten, die nicht mikrofoniert waren, nahm ich mein eigenes Audiointerface mit zwei Ambientemikrofonen, um etwas Raumton zu haben.
Den Regietisch konnten wir zentral in den Bänken aufstellen. Somit hatte man zusätzlich einen super Überblick über alles was rundherum geschah.
Ich bekam eine Art Regiebuch im Voraus zugesendet, womit ich mir einen groben Kameraplan ausdenken konnte. Da ich alleine nur eine Kamera bedienen konnte, mussten die Winkel der Fixkameras möglichst vielseitig sein. Ich entschied mich für eine Totale von der Empore, eine Totale, die die rechte Hälfte der Kirche abdeckte und meine gesteuerte Kamera platzierte ich frontal vor dem Ambo, um die einzelnen Reden möglichst gut zu bekommen.

In einem halben Tag wurde das ganze Setup dann aufgebaut. Mein Vater unterstützte mich bei diesem Projekt und übernahm das Switchen der Kameras während dem Stream. Zwei Stunden vor der Liveschaltung testete ich das ganze Setup in einem Teststream, bei dem wir hauptsächlich die Audiopegel richtig einstellen wollten. Am Telefon hatte ich dabei meine Schwester, die mir von Zuhause aus Feedback auf das Bild und den Ton geben konnte. Alles hatte tiptop geklappt und wir starteten pünktlich um 19.00Uhr den Stream. Nach einer Stunde pure Konzentration und fast abfallenden Armen vom Bedienen der Kamera war dann der Spass schon wieder vorbei.

Zuhause schaute ich die Aufzeichnung des Stream dann nochmals an und war recht schockiert, als ich bemerkte, dass wir die ganze Zeit durch Audioprobleme hatten. Es war ein ständiges Klopfen zu hören. Noch die ganze Nacht hatte mich das Problem beschäftigt und war am googeln wie wild. Weshalb hatte der Teststream perfekt funktioniert und als es ernst galt nicht? Definitiv herausfinden konnte ich das Problem nicht, doch es liess sich eingrenzen. Vom Klang des «Klopfens» war für mich klar, dass es irgendwie mit der Abtastrate des Audiosignals zu tun haben musste. Die in den Computer eingehenden Signale waren auf 48kHz getaktet, jedoch war meine Streaming Software OBS auf 44.1kHz. OBS sollte dies eigentlich einfach umrechnen können, jedoch wurde in einem Forum von einem Bug berichtet, dass diese Umrechnung deaktiviert wird, wenn ein Audiogerät ausgeschaltet wird. Vielleicht hatte also mein Interface einen Wackelkontakt und der Computer verlor kurzzeitig die USB Verbindung. 100% wissen werde ich es nie, doch ich habe bei diesem Experiment auf jeden Fall sehr viel gelernt.

Obwohl ich schwer hoffe, dass man bald möglichst wieder solche Veranstaltungen physisch machen kann, freue ich mich auf ein nächstes Livestream Projekt, bei dem ich alles neu gelernte wieder anwenden kann.