Musik trotz(t) Corona

Im Studio

Auf den Bühnen der Nation ist es zur Zeit still. Doch im (nicht ganz so) stillen Kämmerlein geht die Arbeit weiter. Warum sich die Berner Band InView nun ausgerechnet für ein Cover, das sie seit Jahren live spielen, im Studio getroffen hat, erzählen sie dir im Video.

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Im Waberrecords Studio in Köniz

Und falls du nach diesem Stück noch lange nicht genug hast, bleibst du am besten dran: Schon im April soll das neue Album rauskommen. Auch darüber wirst du natürlich auf Digezz informiert. Und vielleicht dürfen sie bis dahin sogar wieder Live spielen.

(hil)

Zum Anfang

Wie ich im Sommer 2020, als Kultur noch immer grösstenteils still stand («ja was, anes Konzert geisch? I ha gar nid gwüsst, dass me das scho ume darf…»), durch einen Studentenjob in das OK eines Festivals rutschte, das wissen nur die Festivalgötter. Dass Lucas, der Mischer dieses Festivals, per Zufall ein langjähriger Kollege von mir ist, kann auch nur als glückliche Fügung bezeichnet werden. Während meiner Arbeit hinter der Bühne habe ich wohl mein Interesse an seiner Arbeit kund getan, vielleicht habe ich mich auch einfach zu oft im FOH rumgetrieben. Auf jeden Fall kam kurz nach dem Festival dann die SMS: «Du, ich mache da ein paar Tracks für eine Band, willst du da nicht mitmachen?» Antwort: JA!

Die Idee von Lucas sah so aus, dass ich bei der Produktion der Dummy-Tracks für InViews neues Album von A bis Z dabei bin.

Parallel dazu fingen Lucas und ich an, uns Gedanken über eine mögliche Videoserie zu machen. Uns schwebte eine wilde Mischung aus Musiker- und Band-Porträts und Behind-the-Scenes Einblicken vor. Lucas hat dazu die Connections, das Studio und zahlreiche Vorbilder, die ähnliche Video machen. Ich habe ein Minimum an Videoerfahrung und eine Ausleihe voller Technik. Wir entschieden, dass InView gleich unser erstes Versuchskaninchen werden sollte. Die Jungs konnten sich ebensowenig darunter vorstellen wie wir, machten aber bereitwillig mit.

Im Bandraum

Also fuhren wir erstmal nur mit Handys bewaffnet nach Meikirch in den Bandraum, wo wir uns das gesamte neue Album in einem Exklusivkonzert live vorspielen liessen. Schon im Bandraum entstanden die ersten Handyaufnahmen für ein späteres Video und Handy-Audio-Aufnahmen, um die nötigen Click-Tracks herzustellen. Wie es scheint haben InView nämlich möglichst viele komplizierte Tempo- und Takt-Wechsel in ihre neuen Tracks eingebaut. Klingt aber gut. 🙂

Nach etwas gutem Zureden entschieden sich die Jungs dann dazu, nebst den zehn Dummy-Tracks auch noch ein Cover aufzunehmen, das sie seit Jahren live spielen. Wir planten für die Dummys rund einen und für das Cover optimistisch einen halben Tag im Studio ein. Das ging dann natürlich länger und aus den eineinhalb Tagen wurden zwei 10-Stunden-Sessions.

Im Stuio

Nur so nebenbei: Praktischerweise sind InView mittlerweile nur noch zu dritt, wodurch wir auch die manchmal verwirrenden Pandemie-Personen-Begrenzungen in jedem Fall einhalten konnten.

Auch im Studio machte ich mich wieder ans Filmen. Während den Aufnahmen war es aber ziemlich schwierig, gutes Bildmaterial zu bekommen: Im Aufnahmeraum hatte ich natürlich nichts verloren und um zusätzliche, gestellte Aufnahmen wollte die Band nicht bitten, da das Video eine Idee von Lucas und mir war und ich dafür nicht ihre Zeit stehlen wollte. Am zweiten Aufnahmetag beteiligte ich mich dann auch schon mehr an den Aufnahmen selbst, so dass mir weniger Zeit zum Filmen blieb.

Freundlicherweise haben sich die drei trotz dem langen Studiotag am Abend noch die Zeit genommen, mir in einem Interview einige Fragen zu beantworten. Dieses Interview bildet nun die Basis für das fertige und das noch kommende Video.

Zum Video

Gefilmt habe ich das Ganze mit der ultra schlechten Kamera meines neuen Notfallhandys: Ein Nokia 2.3
Für eine Band in diesem Genre finde ich die etwas ausgefallene Bildqualität ganz passend. Das leicht körnige Bild und die dadurch präsenteren Farben haben ihren eigenen Charme. Auch das wilde Fokus-Gesuche (das sich tatsächlich nicht ausschalten lässt) gibt ein bisschen mehr Action ins Bild. Für andere Arbeiten würde das Handy aber definitiv nicht taugen. Overall schärfer dürfte das Ganze schon sein, finde ich.

Den Ton des Interviews habe ich mit einem Zoom Recorder aufgenommen.Wer genau hinhört, merkt, dass die Zoom-Aufnahmen an einigen Orten nicht ganz sauber sind. Warum Alex 1-2 Mal nach Alien klingt, ist mir nicht klar. Die Aufnahme-Umstände hätten eigentlich nicht besser sein können.

Warum ich keine bessere Kamera ausgeliehen habe? Das Video-Projekt war von Anfang an eine Idee von Lucas und mir. Ich wollte die Band nicht gleich mit einer professionellen Kamera überfallen. Auch war nichts an dem Video wirklich gut geplant. Um ehrlich zu sein: Wir wissen noch immer nicht genau, wo wir mit diesen Videos später eigentlich hin wollen und ob wir überhaupt noch mehr Videos machen oder ich mehr Musik oder beides. Aber das ist irgendwie auch egal. Alle Beteiligten scheinen vorläufig ihren Spass daran zu haben.

Was eher dumm war: Ich habe zu wenig Videomaterial vom zweiten Studiotag gemacht. Beim Schnitt habe ich mich dazu entschieden, zwei Videos zu machen: Eines nur für das Cover und eines, um das ganze neue Album zu promoten. Da fiel mir dann aber auf, dass ich am zweiten Tag (wo wir das Cover aufgenommen haben) weder Simon am Schlagzeug noch Damian am Mik aufgenommen habe. Dadurch wirken die Aufnahmen im Video recht einseitig. Ich wollte aber nicht schon Aufnahmen vom ertsen Studiotag reinmischen, da ich die alle in das Album-Promo-Video verarbeiten und nichts doppelt verwenden will. Für dieses kommende Video habe ich zwar bereits die einzelnen Aussagen zurechtgeschnitten. Schlussendlich will ich für das fertige Video aber die fertigen Studiotracks benutzen und nicht die Dummy-Tracks, die nur mit viel technischer Mühe nach etwas klingen (die Songs an sich sind super, aber es sind halt eben erst nur Dummys).

Ein weiteres, viel grösseres Dilemma stellt die Musik selbst dar: Ich werde mich hüten, aus Versehen oder gar absichtlich ein (für Musiker) sichtbar falsches Bild über den Sound zu legen. Also musste ich in die Videoaufnahmen rienhören und diese möglichst genau auf den fertigen Song abstimmen (und hie und da ein wenig schummeln). Ich selbst kann nicht beurteilen, ob Alex und Damian im Bild genau das spielen, was wir hören, aber eine Drum-Aufnahme von einem anderen Song wäre wohl sogar mir aufgefallen.

Das Mischen

Dass ich das Cover selbst mischen sollte, meinte Lucas tatsächlich ernst. Zuerst schickte er mir zig Links zu all seinen in Cubase verwendeten Plug-Ins, die ich dann auch brav studierte. Zum Glück kannte ich zumindest die Idee dahinter bereits vom Live-Mischen her. Während der Studie der Links eierte ich von einem Wikipedia-Artikel zum nächsten. Danach war ich ein bisschen schlauer. Trotz allem: Total Harmonic Distrtion habe ich bis heute nicht in seiner Physik verstanden. Aber ich glaube, man will möglichst wenig davon. Das reicht zum Arbeiten.

Im Studio selbst setzte Lucas mich dann auf den Chef-Sessel und gab nur hie und da Inputs zu Reihenfolge, Intensität und Sinn und Zweck gewisser Plug-Ins. Nach sechs Stunden Mischen rauschten mir die Ohren wie nach einem Abend in der Disco. Todmüde fiel ich zu Hause ins Bett und glaubte nicht mehr wirklich am eine Karriere als Musikproduzentin (ein Kindheitstraum weniger, tja). Anscheinend soll das aber normal sein. Mein Gehirn war einfach müde. Die zweite Misch-Session mussten wir leider Quarantäne-bedingt ins neue Jahr vertagen. Deswegen ist der Song, der zur Zeit unter dem Video liegt noch nicht wirklich ‹meine› finale Mischung, sondern ein Zwischen-Ding, bei dem es noch viel Luft nach oben gibt.

Zum Schluss

Ach ja und das Festival, von dem am Anfang die Rede war, findet auch im kommenden Jahr wieder statt. Allerdings kann ich da für nichts garantieren. Die haben eine neue Bookerin, die noch nicht wirklich viel von ihrem Handwerk versteht und wohl besser Stage Managerin geblieben wäre. 😉 Aber ihr Mischer ist didaktisch super.