NO EXCÜSE – Fashion Ad
Als Kameramann und Cutter habe ich schon einige Musikvideos gemacht. Hauptsächlich Rap-Musikvideos. Die grösste Schwierigkeit bei so einem Projekt ist es, «coole» Locations zu finden. Ansonsten läuft es immer ähnlich ab: Der Künstler/die Künstlerin spielt den Song an jeder Location unzählige Male, bis man ihn nicht mehr hören kann. Im Schnitt versucht man dann, etwas Abwechslungsreiches zu machen. Ich wollte eine neue Herausforderung und habe sie mit diesem Projekt gefunden: einen Werbespot für ein Modelabel.
NO EXCÜSE ist ein kleines, unabhängiges Modelabel aus Baden. NO EXCÜSE steht für eine rebellische und junge Bewegung, die sich gegen Ungerechtigkeit, Ausgrenzung und Rassismus einsetzt.
Dahinter steckt vor allem eine Person: Noah Schmid. Ein motivierter, kreativer Kopf, der gerne anpackt und umsetzt. Die Idee, mit ihm zusammenzuarbeiten, hatte ich schon länger. Wie es der Zufall wollte, hatte er die gleiche Idee und so begannen wir unsere Gedanken zu sammeln.
Ziel
NO EXCÜSE hat diesen Herbst eine neue Kollektion herausgebracht. Die Kleidungsstücke sollten in einem kurzen Werbevideo vorgestellt werden. Im Vordergrund stehen die neuen Kleidungsstücke. Gleichzeitig dient der Film als Imagevideo und unterstreicht die Werte der Marke.
Konzeption
Noah begann mit einem Moodboard. Darin zeigte er, welche Werte und Stimmungen ihm besonders wichtig sind. So gab er den ersten Impuls, in welche Richtung es gehen sollte. Ausserdem hat er den Text geschrieben, der im Video aus dem Off zu hören ist. Mit dem Moodboard und dem Text begann ich die Szenen auszuarbeiten. Fragen wie: Wann sieht man wen? Wen sieht man? Wo sind wir? Welches Kleidungsstück zeigen wir? usw.
Nach viel Nachdenken und Recherchieren hatte ich dann eine Art Shotlist. Nicht die übliche Shotlist, wie man sie in der Branche gewohnt ist, wo jede Szene in der Drehreihenfolge aufgelistet ist. Eher eine Übersicht über die einzelnen Szenen und welche Winkel und Aufnahmen ich machen wollte. Mit diesem Dokument konnte sich Noah den Film besser vorstellen und wusste, welche Locations wir suchen mussten.
Drehorte
Die Marke hat ihre Wurzeln in Baden und das sollten wir auch im Video zeigen. Einige Locations waren schon bei den ersten Gesprächen klar und andere musste Noah noch scouten. Er hat mir immer wieder Fotos von möglichen Locations geschickt. Als alle Locations feststanden, bin ich einen Nachmittag nach Baden gefahren, um mir ein besseres Bild machen zu können und mich besser vorzubereiten.
Technisch
Für den Dreh haben wir zwei BMPCC verwendet. Einmal die 6k Pro Version mit einem 12mm Laowa Objektiv und einmal eine 6k Version, umgebaut auf PL-Mount, mit einem 8-64mm Objektiv Canon.
Bis auf die Malerei-Szene haben wir ausschliesslich mit natürlichem Licht gearbeitet, um flexibel zu bleiben.
Schnitt
In der Postproduktion habe ich dann versucht, das Beste aus den knapp 2 Stunden Videomaterial herauszuholen.
Eine der grössten Schwierigkeiten war die Musik. Ich arbeite mit der Plattform Epidemic-Music, die eine grosse Auswahl an verschiedensten Kompositionen zur Verfügung hat. Aber es ist immer schwierig, das richtige Stück zu finden. Nach verschiedenen Versuchen habe ich dann angefangen, selbst etwas zu komponieren. Komponieren ist vielleicht etwas übertrieben. Teilweise habe ich nur eine Note oder einen Akkord eingefügt, da ich mich entschieden habe, dass die Musik nur ein feiner Teppich im Hintergrund sein soll, um dem Sounddesign mehr Raum zu geben. Für einen Teil des Films habe ich trotzdem passende Musik in der Datenbank gefunden, aber das meiste habe ich selbst komponiert. Die Musik und das Sounddesign haben mich am Ende fast mehr Zeit gekostet als der Schnitt, wie man auf den Screenshots sehen kann.
Zum Schluss habe ich noch das Colorgrading in Davinci Resolve gemacht.
So ist das Video entstanden und ich bin mit dem Endergebnis sehr zufrieden.
(eli)
Nun noch ein paar Dinge, die ich aus diesem Projekt mitnehmen kann:
Wieder einmal hätte ich mindestens eine Person mehr gebrauchen können, die mir unter die Arme greift. Sei es um Sachen zu tragen, Entscheidungen zu treffen oder Input zu geben. Dass ich immer zwei Kameras dabei hatte, hat auch nicht geholfen.
Zeit! Ich muss mehr Zeit einplanen. Zum einen wäre es nicht schlecht gewesen, alles in 2 Tagen zu drehen und zum anderen mehr Zeit für den Schnitt einzuplanen. Ich hatte durch den Zeitdruck nicht wirklich Zeit den Schnitt wirken zu lassen und musste mich fast mit Version 1 zufrieden geben.
Planung: ich habe bei meinen verhältnissen sehr viel geplant. bei anderen projekten habe ich immer nur die location festgelegt und dann vor ort geschaut, wie und was ich filmen will. bei diesem dreh habe ich mir im vorhinein viel mehr zeit genommen und überlegt, wie man was zeigen kann. im nachhinein hat sich herausgestellt, dass ich noch mehr hätte planen sollen. Oft habe ich beim Drehen Zeit verloren, weil ich den richtigen Ausschnitt suchen musste oder weil ich nicht wusste, was ich zeigen wollte. Das ist sehr wichtig, um effizient zu arbeiten.