Pedale I

Ungebremstes Action Painting hinter dem Lenker. Mit Intuition und abstraktem Expressionismus in die Pedale treten. Die spontane Malarbeit dreier Künstler*innen in Flims.

Wie schon Jackson Pollock fasziniert die «Aktionsmalerei» bis dato. Die Methode, die im abstrakten Expressionismus eingeordnet wird, ist in der zeitgenössischen Kunst immer noch vertreten. Intuitiv, kreativ, prozessorientiert. Das «Action Painting» löst Emotionen aus, welche über den Leinwandrand gehen.

Zeichnend für die Produktionsart ist die Freiheit in der Wahl der Gestaltungswerkzeuge. Hände, überdimensionierte Pinsel, Stäbe. Alles kann zur Kreation genutzt werden. Jeder Alltagsgegenstand kann zum Pinsel dieser dynamischen, lebendigen Art zu Malen dienen.

Unsere Wahl fiel auf das Fahrrad. Die geteilte Faszination des Drahtesels liess uns nicht mehr los. Das Velo ist ein täglicher Begleiter, mehr als nur ein Transportmittel. Es versprüht gute Laune, wenn es uns an einem sommerlichen Tag in die Badi trägt. Es duftet nach frischem Gras, wenn wir zwischen den Feldern in die Pedale treten. Es ist einfach und gleichzeitig so komplex. Die monotone Auf- und Abbewegung treibt die meist verdreckte Kette voran, welche sich in das Zahnrad beisst und das Rad über den Asphalt jagt.

Diese Emotionen gaben uns den Antrieb, uns mit einem verstaubten Fahrrad aus dem Keller auf die Leinwand zu wagen.

Der Weg zu einem würdigen Setting für diese Performance führt uns nach Flims in eine Tiefgarage. Im kühlen, nach Öl riechenden Autokeller, beleuchten wir den von uns quadrierten Platz. Die Leinwand auf dem Boden ausgelegt, die Farben bereit. Der Prozess kann beginnen.

Rollen, ziehen, spritzen und werfen. Wir toben uns aus und lassen uns von den farbigen Spuren, die entstehen, leiten. Farbspritzer über Farbspritzer füllen wir die Leinwand bis über ihre Grenzen hinaus. Mit einem letzten Aufprallen des Rades ist das Kunstwerk vollendet.

Die Prozesszusammenfassung im Video:

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Das von uns gesammelte Fotomaterial wird ebenfalls in einem Prozessmagazin zusammengetragen.
Die Fotografien werden mit Assoziationen verbunden und grafisch in einem digitalen Magazin dargestellt. Finde hier das Booklet.

Als krönender Abschluss wird das Kunstwerk PEDALE I im Verpflegungsraum des Medienhauses ausgestellt. In einer subversiven Aktion, die wir live via Instagram übertragen, befestigen wir die Leinwand an der Decke der «Mensa». Dort bleibt das Werk, bis sich ein neuer Platz ergibt.

Einen Einblick in den Livestream gibt es hier:

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Livestream Aufzeichnung

(dbo)

Ideenfindung

Oft entstehen gute Ideen aus einem Problem.

Mitte März hatten wir zu dritt schon einige Zeit in einen MMP-Poetry-Slam investiert. Nach einer guten Startphase folgte jedoch die Ernüchterung. Wir hatten uns die Partizipation unserer Mitstudierenden aktiver vorgestellt und somit zu wenige Performer*innen, um die Bühne im Cuadro 22 in Chur zu füllen. Enttäuscht trafen wir uns auf ein weiteres Mal und es hiess: Zurück auf Feld eins.

Da wir alle Schnittstellen zur Kunst besitzen und uns die künstlerische Arbeit im Curriculum fehlt, konnten wir uns schnell auf diese Richtung einigen. Action Painting ist eine lustvolle, intuitive Art zu gestalten und eignete sich bestens, um kollaborativ ein Kunstwerk zu kreieren. Im Ideenfindungsprozess kam immer wieder das Thema Fahrrad zum Zuge. Inspiriert von einem alten Digezz Beitrag von Marc Fehr (Dozent) liess uns das Velo nicht mehr los. Somit kombinierten wir diese zwei Ideen.

Vorbereitung

Da jeder von uns eine leicht andere Vorstellung eines Action Paintings hatte, mussten wir uns alle auf eine Idee einigen. Wir haben verschiedene Kunstwerke und Künstler*innen aus aller Welt studiert und deren Ansätze analysiert. Farben, Material, Setting und die Medien, mit denen wir die Aktion dokumentieren wollten, zählten für uns zu den Knackpunkten. Wir iterierten unsere Idee mit den recherchierten Informationen und gingen schnell zur Organisation über. Da wir unser Budget selber stellten, war es uns wichtig, möglichst ressourcenorientiert zu handeln. Das Setting konnten wir in einer Tiefgarage in Flims einrichten. Die Farben kamen aus unseren eigenen Vorräten und dem Baumarkt. Sobald alle Details geklärt waren, konnten wir ein Datum für die Aktion auswählen und die benötigten Materialien (Licht, Kameras, Tongerät und Gimbal) aus der Ausleihe reservieren.

Umsetzung

Mit einem ausgeliehenen Fahrzeug machten wir uns früh am Morgen nach Flims auf. Der erste Eindruck der Tiefgarage war vielversprechend. Wir begannen sofort unsere Leinwand zu grundieren, da diese noch antrocknen musste. In dieser Zeit konnten wir die Technik einrichten und erste Tests durchführen. Wir begannen die Farben nach Farbkonzept zu mischen und so startete der Prozess. Ab diesem Zeitpunkt liessen wir unserer Kreativität freien Lauf und reagierten immer wieder auf die entstehende Leinwand. In einer Mittagspause konnte die aufgetragene Farbe etwas trocknen und anschliessend überschichtet werden. Die verschiedenen Techniken, mit dem Fahrrad Farbe aufzutragen, funktionierten alle. Gegen Ende des Prozesses sind wir genauer auf die Komposition des Gesamtwerkes eingegangen und haben punktuell Stellen eingefärbt. Mit dem letzten Farbklecks schlossen wir den Prozess ab und platzierten das Werk in einem Trocknungsraum, wo es knapp zwei Wochen verharrte.

Der nächste Schritt des Prozesses war in Form einer subversiven Aktion im Medienhaus.

Vernissage

Nachdem das Bild getrocknet war, war es uns wichtig, dass wir einen würdigen Platz dafür finden. Der Pausenraum im Medienhaus war bereits zur Gestaltung ausgeschrieben und erfüllte unsere Anforderungen. Ohne Erlaubnis einzuholen, haben wir in einem Livevideo auf Instagram das Gemälde im Medienhaus aufgehängt. Die öffentliche unerlaubte Art, es zu platzieren, soll das Digezz-Mindset untermauern. Wir sind gespannt, wie lange sich das Werk  dort behaupten wird und wie der nächste Prozessschritt aussehen wird.

Mediale Begleitung

Wir entschieden uns, das Projekt möglichst vielfältig zu dokumentieren. Die Aktion selbst haben wir mit zwei Sony A7 III Kameras (auf Stativ und frei) filmisch festgehalten. Für das Booklet nutzten wir Fotografien, die wir mit der freien Kamera gemacht haben. Es war uns wichtig, möglichst viel Material zu sammeln, was den ganzen Prozess extrem verlängert hat. Die Dokumentation hat schlussendlich mehr zeit in Anspruch genommen als das Malen selbst. Jeder von uns hat abwechselnd die Kamera bedient. Leider konnten wir den Gimbal nicht brauchen, da die Kalibrierung nicht so funktionierte, wie wir es wollten.

Reflexion

Das Endergebnis im Medienhaus ausgestellt, hat eine gute Wirkung und zeigt, was für ein Potenzial in diesem Raum steckt. Der Prozess an sich war, wie es sich in der Kunst gehört, sehr langwierig von der Vorbereitung bis zu allen gestalterischen Entscheidungen. Wir haben viel gelernt und sind durch Austausch auf einen gemeinsamen Nenner gekommen, der uns ermöglicht hat, ein ansprechendes Produkt zu erstellen. Wichtig war es für uns etwas Konkretes zu schaffen. Wir waren ziemlich enttäuscht, den Poetry-Slam absagen zu müssen, sind aber begeistert, dass sich daraus etwas ergeben hat, was wir alle mit Herzblut verfolgen konnten.