Porträts aus Westafrika: 5 Wochen, 2 Länder, unzählige Begegnungen

Porträts aus Westafrika

Letzten Sommer reiste ich durch die Elfenbeinküste und Ghana. Ich habe es mir im Voraus zur Aufgabe gemacht, für mich bedeutende Begegnungen und die Stimmung der bereisten Destinationen festzuhalten. Daraus entstanden Porträts von Menschen, die mir einen Teil ihres Alltags zeigten und mich inspirierten. Zudem habe ich ein Gedankentagebuch geführt, um die Gespräche und Momente festzuhalten, welche ich mit den abgelichteten Personen teilen durfte.

Zakaria

Ich verbrachte ein paar Tage im Nzi Resort in der Nähe von Bouaké. Es fühlte sich an wie drei Tage Wellness: Aufstehen in einer grünen Oase, das Zwitschern der Vögel, herumturnende Affen und keinerlei Empfang. Ein trüber Fluss schlängelte sich hinter unserer Unterkunft vorbei, und ich fragte mich, welche Geschichten er wohl erzählen könnte. Dieser Ort war voller Ruhe und Schönheit, und jeden Tag aufs Neue staunte ich darüber. Da traf ich auf Zakaria. Der 35-jährige Ivorer empfing mich mit seinem Pferd «5 étoile» zu einem Ritt im Grünen. Zunächst wirkte er verschlossen, aber je mehr ich ihn fragte, desto offener wurde er. Wir ritten zweieinhalb Stunden durch die atemberaubende, knallgrüne Landschaft. Dabei erzählte er mir von seiner Ausbildung, seinen Werten, seiner Kultur und seinen Träumen. Zurück im Stall wuschen wir gemeinsam die Pferde. Voller Begeisterung zeigte er mir sein Zuhause, direkt neben dem Stall. Im Gespräch vertraute er mir seine Wünsche an: «Gesundheit, ausreichend Geld und eine Frau, die ihn versteht.» Nachdenklich, aber auch voller Freude, machte ich mich auf den Weg zurück durch den Wald.

Cecilia

Die Sonne brennt auf die Strassen von Accra und ich spazierte aus meinem Hostel. Die Umgebung rundherum hat sich nicht verändert. Ich war bereits vor zwei Jahren hier. Der Strasse entlang gibt es mehrere kleine Shops und eine Moschee. Seit zwei Tagen wartete ich gespannt, um Früchte am Fruchtstand am Ende der Strasse zu kaufen. Heute war es so weit. Ich freute mich nicht nur auf die Früchte, sondern auch auf die Familie, die ich dort antraf. Überhaupt war es mir eine Freude, dass sie ihren Stand immer noch am gleichen Ort führten. Vor zwei Jahren ging ich jeden Tag dorthin. Währenddem mir die nette Frau meine auserwählte Mango schnitt, kam ich mit ihr ins Gespräch. Die 34-jährige Cecilia erzählte mir, dass sie diesen Stand bereits über 18 Jahre führte. Neben ihr spielten ihre Kinder. Wie sehr sie gewachsen sind, dachte ich mir.

Sam

Heute überquerte ich die Grenze. Kaum hatte ich ghanaischen Boden betreten, spürte ich die Lebensfreude der Menschen. Eine ältere Dame grüsste mich freundlich, als ich die Treppe hinunterging, und eine Gruppe älterer Herren half mir, ein Taxi zu finden. Im Ankasa Forest, einem riesigen Naturschutzgebiet, lernte ich Sam kennen – meinen Guide. Er arbeitet als Touristenguide für die Forestry Commission und führte mich durch den dichten, faszinierenden Wald. Er liebe es, im Wald zu sein und diesen zu beschützen, erzählte er unterwegs. Begeistert stapfte ich ihm hinterher, durch Schlamm und unbekannte Pflanzenarten. Der 36-Jährige erzählte mir von seiner Frau und seinen Kindern, die er nur wenige Male im Jahr sehen kann. Unterwegs diskutierten wir über unsere kulturellen Unterschiede bis hin zur Bedeutung von Sensibilität als wichtige Eigenschaft – eine Begegnung, die mich beeindruckte.

Theresa

Als ich durch das kleine Fischerdorf Sassandra ging, rief mir eine Frau am Strassenrand etwas zu. Zunächst verstand ich nicht, was sie meinte. Doch dann stand sie euphorisch auf und bat mich, ein Foto von ihr zu machen. Ihre heitere Art zauberte mir ein Lächeln ins Gesicht. «Gib mir deine Brille», sagte sie und posierte stolz vor der Kamera. Eine kurze, aber wunderbare Begegnung.

Thomas, Jonathan, Clement, Wisdom, Joseph, Desmond

Ich genoss gerade die Nachmittagssonne unter einer Palme, als vor mir eine Gruppe junger Männer in der Lagune herumtollte. Sie tauchten, machten Handstände und sprangen mit Gelächter von den Schultern ins Wasser. Neben mir sass eine Frau, die mir erzählte, dass die meisten Jugendlichen hier früh die Schule verlassen, um für ihre Familien zu arbeiten, meist als Fischer. Ich begann ein Gespräch mit der Gruppe, die mir stolz ihre Kunststücke zeigte und dabei völlig die Zeit vergass. Mit einem breiten Grinsen fing ich diese Momente mit meiner Kamera ein.

Durchführung

Die Gespräche mit den Menschen gestalteten sich jedes Mal unterschiedlich, wodurch ich lernte, flexibel auf Situationen einzugehen und mich auf den Moment einzulassen. Dadurch entstanden viele wertvolle Momente und zusätzliche Ideen, die das Projekt bereicherten. Allerdings war es nicht immer einfach, die Menschen spontan anzusprechen, selbst wenn ich eine klare Vorstellung für ein Porträt hatte. Manchmal brauchte es Zeit und Geduld, um das Vertrauen der Menschen zu gewinnen, doch genau diese Herausforderungen machten das Projekt umso spannender und lehrreicher.

Nachbearbeitung

Nach Abschluss der Reise begann die Nachbearbeitung. Ich wollte nur die aussagekräftigsten und authentischsten Momente auswählen. Dieser Prozess erforderte viel Geduld, da ich darauf achten wollte, dass die ausgewählten Bilder die Stimmung und Geschichten der Menschen, die ich getroffen hatte, bestmöglich widerspiegeln.

Der Look der Bilder gefällt mir nicht überall gleich. Daher habe ich teilweise mehrere Versionen erstellt. Es lohnt sich, die Bearbeitung an mehreren Tagen zu machen, um Details dann kritischer betrachten zu können.

Learnings und Fazit

Während dieses Projekts habe ich gelernt, wie wichtig es ist, offen und geduldig zu sein, besonders wenn es darum geht, fremde Menschen kennenzulernen. Es zeigte sich, dass Planung zwar wichtig ist, aber auch Flexibilität und Anpassungsfähigkeit ein grosser Teil des Prozesses sind. Ein weiteres Learning war, dass es sich lohnt, in unvorhergesehenen Situationen kreativ zu bleiben und das Beste daraus zu machen. Die authentischen Porträts, die dadurch entstanden, sind ein Beweis dafür, dass Improvisation oft zu einzigartigen Ergebnissen führen kann.