Projekt 22. Ein Tagebuch.

Projekt 22. Ein Tagebuch.

Hoi Tagebuch. Ich will dir etwas Lustiges erzählen. Das ist heute passiert: Ich habe mit Marlon Fussball gespielt. Marlon war gemein, weil er hat gefoult.

Datiert sind diese Sätze auf den 12. August 2007. Mehr als dreizehn Jahre später werden diese Zeilen getippt. Was sich verändert hat? Nichts. Fussball finde ich noch immer eine tolle Sache, Jungs sind noch immer gemein und die Faszination, mein Erlebtes schriftlich festhalten zu wollen, ist auch geblieben. Was tun also? Genau, man beginnt mit einem Vierteljahrhundert auf dem Buckel wieder mit dem Tagebuchschreiben. Angepasst an das digitale Zeitalter, versteht sich. Also mehr Anglizismen, mehr www. und mit einer Kamera im Schlepptau. Klick dich rein und gönn sie dir jetzt. Monat für Monat. Die schönsten und irrelevantesten Bruchstücke meines Lebens. 

Website: projekt22.ch
Instagram: proj_22

(spu)

Idee und Motivation

Eigentlich bin ich der festen Überzeugung, im falschen Zeitalter geboren zu sein. Ich liebe Papier, habe eine Schwäche für poetische, nostalgische Texte und wünsche mir stets, die Welt würde sich langsamer drehen. Dinge, die diese Besonderheiten versinnbildlichen – wie Tagebuch schreiben – finden im heutigen Zeitalter und auch in meinem Leben wenig bis keinen Platz. Ein Ereignis übertrumpft das nächste, ich lebe schnell und vergesse noch schneller. Projekt 22 soll dem entgegenwirken. Mich bewusster erleben und erinnern lassen. Wie aber findet ein Tagebuch in der digitalen Welt seinen Platz, ohne dabei eingerostet zu wirken? Wie muss es konzipiert sein, dass es unsere klickfaszinierte Gesellschaft abholt? Und vor allem: Kann ich digital und öffentlich über mein Leben schreiben? Exakt jene Fragen symbolisierten nicht nur die grössten Hürden, sondern zugleich auch die Zielsetzungen und die Motivation von Projekt 22.

Fakten

Website: Projekt22.ch wurde mit Semplice, einem auf WordPress basierenden Website-Builder, entwickelt. Die damit verbundene Hoffnung, keine eigene Zeile Code mehr schreiben zu müssen, starb relativ schnell. Vor allem beim Optimieren für die verschiedenen Endgeräte, bei der Webseiten-Interaktivität und bei kleineren Details wie einem individuellen Cursor war ich ziemlich froh, eine gute Basis an HTML-, CSS- und Javascript-Skills an meiner Seite zu wissen. Optimiert ist Projekt22.ch für das MacBook Pro (15“ und 13“), das iPad Pro (10.5“) und das iPhone 8 Plus.

Bilder: Alle Fotos wurden mit der Polaroid Kamera «instax SQUARE SQ10» von Fujifilm geschossen. Die Entscheidung für eine Polaroid Kamera war im Übrigen eine bewusste – wenn schon das Papier durch Subpages ersetzt wird, sollen wenigstens die Fotos eine Hommage an die guten alten Zeiten sein. Zudem: Was ist mehr real als ein Sofortbild? Ein Faltreflektor und zwei LED LumiPad 25 sorgten bei den Bildern im Innenraum für bessere Lichtverhältnisse. Um die Authentizität eines Sofortbildes und auch des festgehaltenen Momentes wahren zu können, wurden die Bilder bewusst nicht bearbeitet.

Instagram: proj_22 ist eine reine Werbemassnahme. Monat für Monat sollen Bilder und kleinere Textfetzen User*innen dazu bewegen, die Website zu besuchen und sich vertiefter mit dem dort gebotenen Content auseinanderzusetzen. Erstellt werden die Posts mit InDesign.

Die grössten Konflikte bei der Umsetzung

  • Aus Alt mach Neu: Ich machte mir unglaublich viele Gedanken, wie der Inhalt eines Tagebuchs des 21. Jahrhunderts aussehen muss. Klar war, dass er kürzer und knapper sein muss. Nichtsdestotrotz soll einem*er User*in einen «guten» Einblick in mein Leben gewährt werden. Die Endlösung sieht die monatlichen «Keywords» wie Buch und Gespräch wie auch Instagram und Bildli für «Kurzleser» sowie den etwas längeren Text für «Langleser» vor.
  • Zeitmangel: Schnell merkte ich, dass ich weder Zeit habe, täglich über mein Leben zu posten, noch dass ein*e User*in Lust hat, täglich über mein Leben zu lesen. Es galt ein Mittelmass zu finden und so wurde das anfängliche Tagebuch zu einem «Monatsbuch» umgemünzt.
  • Authentizität vs. Inszenierung: Wo liegt die Balance zwischen artsy, hautnah und Aufmerksamkeit triggernd? Ganz ehrlich, gefunden habe ich sie noch nicht ganz. Ich denke, dies liegt primär am (noch) fehlenden Mut, mich der Welt komplett «maskenfrei» zu zeigen und die Kamera wie eine Bloggerin überall und immer zu zücken. Hinzu kommt die (noch) fehlende Gewohnheit, digital über mein Leben zu berichten. Deswegen ein Wunsch von mir an mich: Noch mehr Offenheit und private Details, dafür weniger Scham.
  • Knipsen: Neu gekauft, musste ich mich erst einmal an meine Pola gewöhnen. Für wenige Fotos liess ich unzählige Filme durch, experimentierte Spaziergang für Spaziergang mit ihren verschiedenen Kamera- und Belichtungseinstellungen und bin noch jetzt überzeugt, die Grenzen und Möglichkeiten der Kamera nicht mal im Ansatz ausgereizt zu haben.
  • Spielverderber Corona: Auch mir machte die andauernde Pandemie einen kleinen Strich durch die Rechnung. Bestellte ich die Kamera bereits im November, kam sie aufgrund von Lieferverzögerungen erst zu Weihnachten an. Leider konnten darum viele schöne Momente nicht festgehalten werden und die Dezember-Fotos zeigen lediglich einen kleinen Ausschnitt des Monats.
  • Domain-Wechsel: Coden ist eins, das Transportieren einer fertigen Website auf einen neuen Server / Domain etwas anderes. Was für geübte WordPress-Junkies ein leichtes Spiel ist, war für mich extrem zeit- und nervenintensiv. Gelungen ist es mir am Ende mit dem Akeeba-Plugin.
  • www.: Eigentlich ist dies bei mir ja eine klare Sache. Erwähnen möchte ich es dennoch: Das Design der Website inklusive Schrift und Farbe brauchte «uh huerre viel Ziit, gopf!» und natürlich auch «viel meh als iiplant, gopf!»

Zukunft von Projekt 22

Mir gefällt Projekt 22 und selbstverständlich wird es auch weitergeführt. Nichtsdestotrotz ist das Projekt noch lange nicht vollkommen ausgereift. Für die kommenden Monate habe ich mir vorgenommen, noch mehr mit meiner Kamera zu experimentieren, meinen Aufnahmestil dabei zu festigen und zugleich auch die Website um Audiobeiträge zu ergänzen.