Khalif 32, Ägypten
Ich habe Khalif während der Pandemie kennengelernt, obwohl er sich vielleicht nicht daran erinnert.
Jeden Tag während des Lockdowns ging ich spazieren und wir kreuzten uns oft auf der Strasse.
Er war auf seinem Velo als Velokurier unterwegs, immer mit einem grossen Lächeln und einem "Hallo",
das ausreichte, um meinen Tag inmitten einer der grössten Zeiten der Isolation angenehmer zu machen.
Seine herzlichen Grüsse und seine positive Einstellung waren ein Lichtblick in dunklen Zeiten,
als menschliche Interaktionen begrenzt waren und die Einsamkeit stärker spürbar war.
Unsere Freundschaft begann, als wir gemeinsam im Fitnessstudio zu trainieren begannen.
Khalif kam immer auf mich zu, um mit mir zu sprechen und zu fragen, wie mein Tag läuft.
Seine Wärme und Freundlichkeit sind seitdem eine Konstante in meinem Leben,
und was einst ein zufälliges Aufeinandertreffen war, hat sich zu einer bedeutungsvollen Verbindung entwickelt.
Mit der Zeit habe ich mehr über seine Geschichte, seine Herausforderungen und seine unglaubliche Fähigkeit gelernt,
trotz Widrigkeiten positiv zu bleiben.
Wie lange lebst du schon in der Schweiz?
Ich lebe seit 4 Jahren hier in der Schweiz. Zuvor habe ich in Russland gelebt,
aber ich komme ursprünglich aus Ägypten.
Was hat dich in die Schweiz gebracht?
Ich bin hierhergekommen, um zu studieren, und ausserdem lebt eine meiner Schwestern hier,
was meine Entscheidung erleichtert hat. Einen nahen Verwandten in der Nähe zu haben,
hat mir sehr geholfen, mich anfangs anzupassen.
Wie war der Prozess, sich in eine neue Kultur zu integrieren und die Sprache zu lernen?
Am Anfang war es schwierig. Die Sprache zu lernen und mich an die Schweizer
Kultur anzupassen, hat Zeit gebraucht. Es war ein Prozess voller Herausforderungen,
von der Verständigung der lokalen Bräuche bis hin zur effektiven Kommunikation auf Deutsch.
Aber nach und nach, mit Anstrengung und Übung, habe ich mich besser integriert.
Ich habe Sprachkurse besucht und lokale Freunde gefunden, die mir sehr geholfen haben.
Hast du dich jemals einsam gefühlt?
Ja, besonders als mein Zwillingsbruder gestorben ist. Es war eine sehr harte Zeit,
besonders fern von zu Hause und weit weg von meiner Familie. Ich fühlte eine tiefe Traurigkeit und eine große Einsamkeit.
In diesen Momenten wurde die Distanz zu meinen Lieben noch deutlicher.
Wie hältst du den Kontakt zu deiner Familie und deinen Freunden in Ägypten?
Hilft es dir, in Kontakt mit ihnen zu bleiben, um dein Gefühl der Isolation zu lindern,
oder macht es das manchmal schwieriger?
Ich versuche, sie in Ägypten so oft wie möglich zu besuchen. Der Kontakt mit ihnen hilft mir sehr.
Die Videotelefonate und ständigen Nachrichten halten mich verbunden,
obwohl es manchmal auch eine Erinnerung daran ist, wie weit ich entfernt bin.
Dennoch sind diese Momente der Verbindung für mich lebenswichtig,
sie geben mir Kraft und erinnern mich daran, dass ich nicht allein bin.
Beeinflusst dein Arbeitsumfeld dich? Denkst du, dass deine Arbeit dir hilft,
dich mit anderen zu verbinden, oder trägt sie dazu bei, dass du dich isoliert fühlst?
Meine Arbeit als Velokurier und Barkeeper ist sehr sozial. Sie ermöglicht es mir,
täglich mit vielen Menschen zu interagieren, was definitiv dazu beiträgt,
dass ich mich verbundener und weniger isoliert fühle. Als Velokurier geniesse ich die Freiheit,
in Bewegung zu sein und neue Leute kennenzulernen. Als Barkeeper habe ich die Möglichkeit,
mit den Kunden zu plaudern, ihre Geschichten zu hören und Momente zu teilen.
Beide Tätigkeiten halten mich aktiv und sozial eingebunden.
Strategien oder Aktivitäten hast du gefunden,
um mit der Einsamkeit umzugehen? Welchen Rat würdest du anderen Migranten geben,
die möglicherweise dasselbe durchmachen?
Das Training im Fitnessstudio hat mir sehr geholfen. Es ist auch wichtig,
soziale Aktivitäten zu suchen und keine Angst davor zu haben, neue Leute anzusprechen.
Mein Rat an andere Migranten wäre, aktiv zu bleiben, Aktivitäten zu finden,
die ihnen Spass machen, und nicht zu zögern, um Hilfe oder Unterstützung zu bitten,
wenn sie diese benötigen. Ausserdem würde ich sagen, dass es wichtig ist,
ein Gleichgewicht zwischen der Bewahrung der eigenen Kultur und der Anpassung an die neue zu finden.
Integration bedeutet nicht, seine Identität zu verlieren,
sondern sie durch neue Erfahrungen und Beziehungen zu bereichern.