DIE REPORTAGE
von Lisa Niggli
In einer Welt, in der Nachrichten in Echtzeit über unsere Bildschirme flimmern und Informationen fast schon im Überfluss vorhanden sind, gibt es Menschen, die sich leidenschaftlich dafür einsetzen Geschichten zu erzählen und Menschen eine Stimme zu geben. So jemand ist Suena Fischer. Seit 2022 arbeitet sie als Videojournalistin bei TeleBärn und ist täglich auf der Jagd nach einer neuen spannenden Story. Aber was passiert wirklich hinter der Linse? Eine Reportage.
Das Badezimmer, in dem ich mich gerade fertig mache, wird von hellen morgendlichen Sonnenstrahlen durchflutet. Es ist Freitag, kurz vor dem Wochenende und ich bin mir schon lange nicht mehr gewohnt, bereits um halb sieben auf den Beinen zu sein. Doch pünktlich um acht Uhr werde ich erwartet. Denn dann beginnt auch der Tag für Suena Fischer, die ich heute den Tag über bei ihrer Arbeit als Videojournalistin begleiten darf. Ich kenne sie seit meiner Schulzeit und freue mich darauf den Tag mit ihr zu verbringen. Gerade weil ich sie so lange kenne, weiss ich auch, dass sie immer pünktlich ist. So auch heute. Um 8 Uhr steht sie mit dem Auto vor meiner Haustüre, bereit mich in ihre Welt mitzunehmen. Bis zu ihrem Arbeitsort in Bern sind es ungefähr 40 Minuten Fahrtzeit, ohne mühsamen Stau eingerechnet, was mir die perfekte Möglichkeit bietet, schon mal ein paar Infos einzuholen und mich auf den Tag einzustimmen.
TeleBärn befindet sich in einer trimedialen Redaktion zusammen mit Radio Bern1 und Bärn Today. Sie arbeiten alle zusammen, sind aber gleichzeitig auch eigenständig. Vorteil davon ist, dass sie sich absprechen können und die online Plattform oder das Radio sich gegebenenfalls auf ihre Inhalte und umgekehrt beziehen können. Das Unternehmen gliedert sich an den AZ-Medien an und hat sein Sendegebiet hauptsächlich im Kanton Bern. Gemeinsam mit Tele M1 teilt sich TeleBärn aber auch das Sendegebiet Kanton Solothurn. Zusätzlich sind sie auch im deutschsprechenden Freiburg unterwegs. Vollgepackt mit diesen Informationen bin ich bereit in die spannende Welt des Video-Journalismus einzutauchen und betrete nach der kurzen Autofahrt die Redaktionsräumlichkeiten in Bern. Ein grosser, offener Raum mit zahlreichen Arbeitsplätzen tut sich vor mir auf. Erst etwa die Hälfte der Plätze ist um diese Zeit besetzt, da das morgendliche Redaktionsmeeting erst um 09:00 Uhr beginnt. Die Zeit davor wird genutzt, um sich mit Snacks und Kaffee zu wappnen, oder sich über die bisherigen Geschehnisse des Tages zu informieren.
Das Meeting wird vom zuständigen Tageschef geleitet. Während des Redaktionsmeetings werden nicht nur Verbesserungsvorschläge und Anmerkungen zur Ausstrahlung vom letzten Tag gegeben, sondern auch die anstehenden Aufträge für den aktuellen Tag untereinander aufgeteilt. Insgesamt drei Themen stehen heute zur Auswahl. Im Videojournalisten-Alltag hat man ständig mit unterschiedlichen Themen von allen Gebieten zu tun. An einem Tag geht es mehr um Kultur, während man an anderen im Themenbereich Politik landet. Man muss flexibel bleiben und sich auf die unterschiedlichen Themen einlassen können. Heute haben wir den Auftrag die Wahlkampfkampagne der GLP genauer zu beleuchten. Der Beitrag wird Teil einer losen Wahlkampfserie, bei der jede Partei unter die Lupe genommen wird. Nichtsdestotrotz freue ich mich darauf und bin gespannt was mich erwarten wird. Eines ist mir beim Meeting definitiv schon klar geworden. Im Team herrscht eine lockere und humorvolle Atmosphäre. Professionell, aber trotzdem freundschaftlich. Nachdem jeder seinen Auftrag für den Tag gefasst hat, nimmt der hektische Redaktionsalltag seinen Lauf. Für uns ist der Tagesablauf bereits ziemlich klar vorgegeben, da die Termine bereits mit den Interviewpartnern vereinbart wurden. Andere müssen noch Interviewpartner suchen und Termine vereinbaren.
Da unser erster Termin erst um 11:00 Uhr vereinbart wurde und wir dafür nicht besonders weit reisen müssen, nutzen wir die Zeit, um bereits eine grobe Planung des Beitrags vorzubereiten. Suena erklärt mir, dass bei ihnen ein Beitrag immer zwischen 2 und 3 Minuten sein sollte. Im Voraus überlegt sie sich gerne bereits, wie sie diese Zeit ungefähr füllt. Eine Frage, die mich schon in der Vorbereitung auf den heutigen Tag beschäftigt hat: bereitest du deine Fragen vor, oder ist das etwas, was spontan entschieden wird, um das Gespräch locker und authentisch zu halten. Zu meiner grossen Überraschung erzählt sie mir, dass sie sich Fragen zwar grob in Gedanken überlegt, aber meistens ohne an den Filmort geht. Nur bei Themen, bei denen sie sich nicht vollkommen sicher fühlt, informiert sie sich im Voraus und notiert sich einige Fragen, die sie auch gerne mal mit ihren Kollegen vorbespricht. Auch jetzt notieren wir uns zwei drei Fragen, die sicher gestellt werden müssen und besprechen sie mit dem Tageschef, der eher ein Pro auf diesem Themengebiet ist und uns auch noch einige Tipps mitgeben kann. Zusätzlich wird der Off-Text bereits provisorisch vorgetextet, damit wir uns auch für das benötigte Bildmaterial schon ein eine Vorstellung machen können machen können. Als letzter Punkt auf der Vorbereitungs-Checkliste ist die Kontrolle des Materials notiert. Ich muss schmunzeln, wenn sie mich davor warnt immer zu kontrollieren ob alles eingepackt ist, bevor ich los gehe. Es ist also nicht nur etwas, das uns unsere Dozenten aus Jux mitgeben.
Jetzt geht es endlich auf zum ersten vereinbarten Interview. Ich bin ein bisschen nervös, aber gespannt darauf, wie es tatsächlich ablaufen wird. Bei der Location werden wir überraschenderweise von einem ganzen Fotografen- und Make-Up-Team erwartet. Anscheinend ist heute Medientag bei der GLP und unser Interviewpartner ist gerade mitten im Fotoshooting beschäftigt. Die Gelegenheit nutzen wir um schon mal den perfekten Interviewspot zu suchen. Draussen vor der Tür werden wir fündig und Suena hantiert professionell mit der Kamera und stellt sie in Sekundenschnelle ein. Ich bin beeindruckt. In der Schule lernen wir zwar solche Sachen, aber jemandem, der täglich damit arbeitet zuzuschauen, gibt einem nochmals einen anderen Blickwinkel. Zu Übungszwecken lässt sie mich auch einmal ran, natürlich bin ich noch lange nicht auf dem Niveau, dass ich so etwas übernehmen könnte.
Während dem Interview bin ich fasziniert davon, wie professionell Suena vorgeht. Mir wird erst jetzt bewusst, wie spontan man agieren und auf die Interviewpartner individuell eingehen muss. Je nach Antwort muss man auch in der Position sein, Nachfolgefragen zu stellen und tiefer in das Thema einzutauchen. Etwas das Suena im Griff zu haben scheint. Auch mit dem zweiten Interviewpartner hat sie keine Mühe. Einige Einstellungsgrössen und abgefilmten Quotes später, können wir uns wieder auf den Rückweg Richtung Redaktion machen. Dort gönnen wir uns ein kurzes Mittagessen, bevor es zum nächsten Termin geht.
Der zweite Interview-Termin wurde auf der Bundes-Terrasse vereinbart. Mit dem Tram durch die Stadt ist die kurze Fahrt schnell hinter uns gebracht und wir stehen bereit vor dem Bundeshaus. Es ist das erste mal, dass ich es von so nahe sehe. Die Location sieht super aus, weshalb es einfach ist, den perfekten Film-Spot auszumachen. Unser Interviewpartner lässt nicht lange auf sich warten. Er steht bereits seit mehreren Jahren für Expertenmeinungen im Bereich Politik zur Verfügung. Da er sich gut vorbereitet hat und sich mit dem Prozedere bereits bestens auskennt, ist auch dieses Interview relativ schnell im Kasten. Da für die nächsten Tage noch weitere politische Beiträge zu den Wahlkampfkampagnen der verschiedenen Parteien geplant sind, nehmen wir seine Aussagen dazu ebenfalls gleich auf.
Die Sonne strahlt und wir sind froh, dass wir mit dem Filmen für heute durch sind und zurück ins Kühle können. Während wir bereits das ganze Bildmaterial ins Schnittprogramm laden können, sind andere noch voll dabei ihr Material zusammenzustellen. Nicht jeder Tag verläuft so stressfrei wie dieser, versichert mir Suena, während sie gekonnt den Beitrag zusammenschneidet. Mit dem groben Plan vom Anfang, haben wir bereits eine Vorlage, wie die gefilmten Bilder zusammen mit dem Off-Text harmonieren und können so die passenden Quotes aus den Interviews heraussuchen. Gemischt mit Archivbildern des Bundeshauses ist unser Beitrag relativ schnell bereit für die Abnahme durch den Tageschef. Die Abnahme des Beitrages wird jeweils ohne final eingesprochenen Off-Text gemacht, weshalb Suena gleichzeitig mit dem Video jeweils den geplanten Text vorspricht. Alex, der an diesem Tag den Job, als Tageschef innehat, gibt noch zwei, drei Änderungen durch, bevor Suena in die kleine Sprechkabine hüpft, um den Off-Text final einzusprechen. Es ist witzig von aussen zu zusehen, da man nichts hören kann. In Rekordzeit sitzt der Text und ist im Beitrag eingefügt. Damit auch keine Fehler zu hören und sehen sind, wird der Beitrag nochmals durchgeschaut und schliesslich vom Schnittprogramm in das System gespielt, mit dem der Moderator um 18:00 Uhr in der Live-Sendung arbeitet.
Solange wir darauf warten, bis die Sendung beginnt, haben wir Zeit das Material wieder an seinen angestammten Platz zu verstauen und anderen noch bei ihren Beiträgen zu helfen. In diesem Büro merkt man relativ schnell, wie die Leute auf Stresssituationen reagieren und es ist definitiv eine Job-Anforderung, dass man damit umgehen kann, bemerkt Suena während wir unsere Sachen zusammenpacken, um ins Studio zu wechseln. 10 Minuten vor Beginn der Livesendung, steht der fertige Beitrag noch nicht bei allen und man spürt die angespannte und konzentrierte Stimmung im Raum. Die Sendung wird jeweils im alten Gebäude aufgenommen, wo früher die Büros waren. Dort befindet sich jetzt nur noch das kleine Filmstudio. Der Moderator, der bereits vor einer Stunde in diese Räumlichkeiten gewechselt hat, erhält noch letzte Anweisungen, bevor es wirklich los geht. Suena und ich setzen uns in die Regie, wo bereits zwei Leute für den Start der Sendung sitzen. Mein Puls steigt ob der Anspannung, die Beiträge nun endlich im Fernsehen zu sehen, während dem Moderator der Countdown zur Liveschaltung gegeben wird.
Es ist seltsam meinen Namen im Fernsehen zu hören und zu sehen. Suena hat darauf bestanden, dass ich ebenfalls erwähnt werde. Für sie ist das schon Alltag, aber ich freue mich wie ein kleines Kind darüber. Die Show geht schnell vorüber, wir verabschieden uns vom ganzen Team und machen uns auf den Heimweg. Der ganze Tag hat mich geschafft, aber die Eindrücke, die ich gesammelt habe, werden mir in positiver Erinnerung bleiben. Ich liebe es Leuten dabei zuzusehen, wie sie etwas machen, das sie gerne machen und wo sie mit Leidenschaft dabei sind. Und genau das habe ich heute bei Suena gesehen. Ich bin fasziniert davon, mit welcher Überzeugung sie ihrer Arbeit nachgeht und bin schon gespannt darauf, was sie damit alles erreichen wird. Nach einem krönenden Abschlussessen im Mc Donalds, wie zu Schulzeiten, lasse ich mich müde in mein Bett fallen. Ein Tag mit einem Videojournalisten bei TeleBärn birgt einen intensiven, aber lohnenden Einblick in die Welt des Journalismus. Danke an Suena und das TeleBärn Team, dass ihr mich in euren spannenden Alltag habt reinschauen lassen.