Road to imperfection

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«Maladaptiver Perfektionismus! Endlich ergibt alles einen Sinn!» Das waren meine Gedanken, als ich im Dezember 2023 vom Berner Oberland nach Hause fuhr und im Auto das Hörbuch «Procrastination» von Jane B. Burka und Leonora M. Yuen hörte. «Aber geht’s dort nicht um Aufschieberitis?» Richtig. Und im Zuge dessen um die spezifischen Gründe, wieso man prokrastiniert. Es war eine Offenbarung, wie ich sie noch nie erlebt habe. Und was genau hat das jetzt mit Zeichnen zu tun? Für mich eine ganze Menge.

Es gibt nämlich verschiedene Arten von Perfektionismus. Die eine Art ist eine gesunde Version, bei der man davon ausgeht, dass man alles lernen kann und sich erreichbare Ziele setzt. Die andere, man ahnt es schon, ist eher das Gegenteil. Ein sogenanntes «fixed mindset», bei dem davon ausgegangen wird, dass man mit einer gewissen Intelligenz und einem Anteil Talent geboren wird und sich das nicht mehr ändert. Gepaart mit viel zu hohen Ansprüchen an sich selbst und – tadaaa – maladaptive perfectionism has entered the game!

Um das noch etwas klarer darzulegen folgende Definitionen bzw. Erklärungen aus dem Buch «Procrastination»:
Maladaptive Perfektionisten sind extrem darauf bedacht keine Fehler zu machen.
Genau so sieht’s aus. Das schlägt sich darin nieder, dass ich lieber nichts mache als etwas Falsches. Bewusst ist mir klar, wie unglaublich sinnfrei das ist. Doch leider sitzen diese Überzeugungen ja im Unterbewusstsein. Erkennen ist der erste Schritt.
Maladaptive Perfektionisten setzen sich selbst so hohe Standards, dass sie sie gar nie erreichen können. Das resultiert in ständiger Enttäuschung und tiefem Selbstwertgefühl.
Ein Gefühl, dass ich nur zu gut kenne.
Perfektionisten hassen verlieren so fest, dass sie alle Aktivitäten vermeiden, die sie in einen direkten Wettbewerb mit anderen bringen.
Ganz vermeiden lässt sich das meistens nicht. Aber es stimmt, dass verlieren zum Schlimmsten zählt, was passieren kann. Warum ist das so? Dazu kommen wir gleich, denn das war auch das Wichtigste für mein Projekt.
Ein «fixed mindset» bedeutet, wie schon erwähnt, dass man glaubt, dass jeder mit Attributen wie Talent oder Intelligenz geboren wurde und diese fix und permanent sind. Erfolg bedeutet in diesem Fall, dass man immer wieder beweisen muss, dass man Fähigkeiten hat. Dadurch, dass man ein «fixed mindset» hat, gibt es keinen Spielraum für Fehler – man kann die Dinge ja, man muss es nur beweisen. Was auch immer «die Dinge» sind. Macht man jetzt Fehler oder verliert, wird einen das für immer als wertlos definieren.
Hier kommt das Zeichnen ins Spiel. Das passt nämlich nicht in mein «fixed mindset». Denn das Gegenteil eines «fixed mindset» ist ein «growth mindset». In dieser Perspektive geht man davon aus, dass man alles lernen kann. Und genau das will ich jetzt versuchen, damit fange ich an. Ich habe immer geglaubt, zeichnen kann man oder man kann es eben nicht. Doch das stimmt nicht – wie ich mir mittlerweile eindrücklich selbst beweise.

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(pru)

Vorgehen
Ich habe auf Youtube den Kanal «Nerdforge» entdeckt, der von dem norwegischen Paar Martina und Hansi geführt wird. Die beiden sind, wie der Name schon sagt, Nerds im Bereich Fantasy, Science Fiction und allem was dazu gehört. Sie fertigen die unterschiedlichsten Dinge: von kleinen Dioramen über komplette Cosplay-Kostüme bis hin zu Teppichen war schon fast alles dabei. Martina kann extrem gut zeichnen und malen, Hansi nicht so wirklich. Darum hat sie ihm einen 100 Stunden Zeichnungskurs zusammengestellt mit Powerpoint-Folien und Youtube-Videos. Diesen kann man auf ihrem Patreon erwerben. Und genau das habe ich getan.

Um meine Anstrenungen videografisch zu dokumentieren, habe ich mir eine Halterung für mein Handy besorgt, mit der man gerade von oben auf den Tisch filmen kann. Auch eine GoPro habe ich eingerichtet. Das hat nicht ganz geklappt, dazu in «Verbesserungspotenzial» mehr. Um die Zeit zu messen habe ich auf dem iPad einen Countdown von 100h rückwärts laufen lassen.

Gut gelungen
Die Videoaufnahmen mit dem Handy sind dank FilmIc Pro sehr gut geworden. Ich bin sehr glücklich mit dem Zeitraffer im Video und auch mit meinem Auftreten, da ich es immer noch schwierig finde, alleine in einem Raum in eine elektronische Linse zu sprechen.

Verbesserungspotenzial
Ich hatte eine GoPro eingerichtet, die von der Seite einen Zeitraffer aufgenommen hat. Ich hätte hier auch in normaler Geschwindigkeit aufnehmen sollen. Im Video habe ich nur eine Sequenz daraus verwendet – und das nur, weil ich einmal vergass, die Aufnahme auf dem Handy zu starten. Auch ein Punkt: nächstes Mal immer nochmal kontrollieren, ob alle Aufnahmen laufen.
Ich möchte nächstes Mal noch ein besseres Storytelling hinkriegen. Für ein erstes Video ist es in Ordnung, doch möchte ich mir für künftige Videos im vornherein mehr Gedanken machen, wie ich es angehen möchte. Und ausserdem früher mit dem Schneiden beginnen, damit sich eine Story entfalten kann.
Zeitmanagement ist auch ein wichtiger Faktor, den ich verbessern möchte. Das passt ja gleich wunderbar in das Thema Prokrastination. Es bleibt noch viel zu tun.

Fazit
Ich wollte schon immer zeichnen können. Und als ich dann für mich herausgefunden habe, wieso ich es bisher aufgeschoben hatte, war klar, dass das zusammen in ein Projekt muss. Ich werde das auf alle Fälle weiterführen. Es ist kein Projekt, dass jetzt einfach fertig ist und es macht mir Spass zu sehen, was ich alles schon geschafft habe.