Zwischen Sichtbarkeit und Verantwortung

In meiner Bachelorthesis beschäftige ich mich mit der ethisch verantwortungsvollen Darstellung von intergeschlechtlichen Menschen im Dokumentarfilm. Intergeschlechtlichkeit betrifft etwa 1,7 % der Bevölkerung, was bedeutet, dass diese Menschen mit einer Variation der Geschlechtsmerkmale geboren werden, die sich nicht eindeutig in die Kategorien «männlich» oder «weiblich» einordnen lassen. Oft sind intergeschlechtliche Menschen mit Stigmatisierung und medizinischen Eingriffen konfrontiert, die ohne ihre Einwilligung durchgeführt werden. Vor diesem Hintergrund untersuche ich, welche filmischen Mittel auf narrativer, visueller und auditiver Ebene zu einer respektvollen und authentischen Repräsentation beitragen. Ergänzend zur Thesis habe ich gemeinsam mit Damaris Sulser ein mediales Lehrprojekt umgesetzt, bei dem wir drei Video-Porträts von intergeschlechtlichen Menschen realisiert haben.

In meiner Arbeit beleuchte ich die Herausforderungen, mit denen intergeschlechtliche Menschen in der Gesellschaft und in der medialen Repräsentation konfrontiert sind. Denn ihre Lebensrealitäten werden durch das binäre Geschlechterdenken unserer Gesellschaft unsichtbar gemacht, da diese keine Anerkennung für geschlechtliche Vielfalt zulässt. Hinzu kommen menschenrechtsverletzende Operationen, die ohne grosse Aufklärung der Eltern an intergeschlechtlichen Kindern durchgeführt werden, um ihre Körper den gesellschaftlichen Normen anzupassen. Operative Eingriffe sind nur in sehr wenigen Fällen notwendig, trotzdem werden sie immer noch fast standartmässig durchgeführt. Solche Eingriffe haben schwerwiegende Folgen, sowohl physisch als auch psychisch: Betroffene leiden häufig unter Traumata, Schmerzen und dem Verlust ihrer sexuellen Empfindungsfähigkeit. Diese Eingriffe zementieren nicht nur das binäre Geschlechterdenken, sondern tragen auch zur fortgesetzten Marginalisierung und Menschenrechtsverletzungen an intergeschlechtlichen Menschen bei. Durch diesen Vorgang wird die Existenzen intergeschlechtlicher Menschen unkenntlich gemacht, was wiederum zu einer medialen Unterrepräsentation führt.

In meiner Analyse untersuche ich drei Dokumentarfilme anhand der ethischen Filmanalyse von Thomas Bohrmann. Dabei zeige ich auf, wie filmische Mittel wie Kameraführung, Musik und Erzählweise entweder zur Wahrung der Integrität der Protagonist*innen beitragen oder diese untergraben können. Besonders betrachte ich die Frage, inwiefern ein verantwortungsvoller Umgang mit intergeschlechtlichen Protagonist*innen und deren Repräsentation gelingen kann.

Zusätzlich zur theoretischen Arbeit gab mir das mediale Lehrprojekt, bei dem ich drei Video-Porträts von intergeschlechtlichen Menschen realisierte, tiefere Einblicke in deren Geschichten und Erfahrungen. Der kreative Prozess, diese Porträts zu entwickeln, verdeutlichte erneut, wie wichtig es ist, dass intergeschlechtliche Menschen ihre eigenen Geschichten erzählen können und dabei respektvoll und authentisch dargestellt werden. Die Ergebnisse meiner Arbeit zeigen, dass eine verantwortungsvolle Repräsentation vor allem dann gelingt, wenn Protagonist*innen aktiv in den Filmprozess eingebunden werden und ihre Geschichte mitbestimmen. Abschliessend formuliere ich in meiner Thesis Empfehlungen für zukünftige Filmproduktionen, um eine ethisch verantwortungsvolle Darstellung zu gewährleisten.

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