Strassenbahn - 1910
Der Bau der Strassenbahn dauerte vom Herbst 1894 bis zum Herbst 1895. Nachdem Anstände mit verschiedenen Bodenbesitzern bereinigt waren, wobei es sogar zu Enteignungen kam, konnte das Tram am 5. Juli 1896 den regulären Betrieb aufnehmen. Von Anfang an war nur ein Sommerbetrieb vorgesehen. Die Strecke begann vor dem Hotel Schweizerhof in St. Moritz Dorf und verlief bis zur Tram-Remise neben der Paracelsus-Trinkhalle in St. Moritz Bad. Sie hatte eine Länge von 1700 Metern. Geplant war die spätere Weiterführung der Strassenbahn bis zum Kulm Hotel. Die Strassenbahn wies sieben bis acht Haltestellen auf; die Kreuzungsstelle befand sich bei der Englischen Kirche, wo als einziges Relikt der Elektrischen Strassenbahn heute noch die gedeckte Wartebank bei der Bushaltestelle an jenes Verkehrsmittel erinnert.
Die Personenwagen boten Platz für 22 Personen. Sie waren blau gestrichen und trugen weisse Zierstreifen. Ihre Aufschrift lautete: «Elektrische Strassenbahn» auf der einen und «Tramway électrique» auf der anderen Seite. Laut Konzession betrug der Fahrpreis für eine einfache Fahrt 40 Rappen, für die Hin- und Rückfahrt 60 Rappen. 1899 wurde der
Preis auf 20 bzw. 30 Rappen herabgesetzt und 1917 probeweise ein Einheimischentarif von zehn Rappen pro Fahrt eingeführt «um Belebung des Tramverkehrs zu versuchen». Ebenso wurden neu Saisonkarten zu 20 Franken abgegeben.
Seit seiner Eröffnung wurde das neue Verkehrsmittel rege benutzt. Der Erste Weltkrieg, der insbesondere den Fremdenverkehrsorten strark zusetzte, brachte einen Einbruch der Frequenzen, sodass die jährlichen Defizite 10’000 Franken bald überstiegen und ein Konkurs des mit viel Zuversicht und Pioniergeist gegründeten Unterehmens unvermeindlich erschien.
In dieser Notlage beschloss die Gemeinde am 5. Februar 1917, die Strassenbahn zu erwerben und in eigener Regie weiterzuführen. Die Gemeinde St. Moritz betrieb von nun an das Tram während 16 Jahren, wobei die Ergebnisse sich bis Ende der Zwanzigerjahre erfreulich steigerten; den Höhepunkt bildete das Jahr 1928 mIt den Olympischen Winterspielen. Infolge der Weltwirtschaftskrise gingen die Einnahmen nach 1930 aber um die Hälfte zurück. Die finanzielle Situation, der schlechte Zustand von Anlagen und Rollmaterial, die zunehmende Konkurrenzierung der Schiene durch das Automobil und die schlechte Wirtschaftslage führten im September 1932 zur Einstellung desBetriebs und zwei Jahre später zum Abbruch der Anlagen.
Quelle: Buch St. Moritz
Elektrische Strassenbahn St. Moritz und Haltestelle an der Via dal Bagn. Im Vordergrund Spritzenwagen gegen Staub der Naturstrasse.
Quelle: Dokumentationsbibliothek St. Moritz
Foto: unbekannt